Hechten-Areal

11.05.2019

In Auenheim könnten bald 50 Wohnungen auf einmal entstehen. Noch dazu im Ortskern. Das Zauberwort heißt Innenverdichtung. Jetzt, wo der Architekt die Pläne auf den Tisch gelegt hat, streiten sich allerdings die Geister, ob dieses Vorhaben „ortsverträglich“ ist.

Das ehemalige Gasthaus „Zum Hechten“ mitsamt dem 4500 Quadratmeter großen Grundstück an der Freiburger Straße/Ecke Raiffeisenstraße soll verkauft werden. Das Gebäude selbst steht unter Denkmalschutz und ist eines der schönsten Fachwerkhäuser des Ortes. Es befindet sich in privater Hand. Die Besitzer, Familie Waldmann, haben bereits einen potenziellen Investor gefunden: Die Firma Schmidt Projektentwicklung aus Kenzingen will das Gelände erwerben und dort eine Wohnanlage mit etwa 50 Einheiten und großer Tiefgarage errichten. Der „Hechten“ selbst soll erhalten und denkmalgerecht saniert werden.
Das Projekt könnte ein Glücksfall für das Dorf werden: Allerorts werden Wohnungen gesucht, gleichzeitig soll der Flächenverbrauch an den Rändern der Ortschaft so gering wie möglich gehalten werden. Das Zauberwort heißt Innenverdichtung: Statt das Dorf immer weiter nach außen zu entwickeln, sollen zunächst die ungenutzten Flächen innerhalb des Ortes bebaut werden. Das Hechten-Areal ist so eine Fläche: Auf dem Gelände stehen außer dem „Hechten“ noch einige Ökonomiegebäude, die abgerissen werden könnten.
Genau das hat der potenzielle Investor auch vor. Auf der Ortschaftsratsitzung am Donnerstagabend stellte die Schmidt Projektentwicklung Kenzingen ihre Pläne vor. Demnach könnte rund um den „Hechten“ fünf neue Gebäude entstehen. Alle wären drei Vollgeschosse hoch, barrierefrei zugänglich und würden Einheiten zwischen 40 und 140 Quadratmetern beherbergen. Die Tiefgarage böte 70 Fahrzeugen Platz. Im „Hechten“ selbst stellt sich Geschäftsführer Christoph Schmidt ein kleines Café als Treffpunkt für die Anwohner und Einwohner von Auenheim vor. Außerdem gebe es schon Anfragen von Arztpraxen, einem Zahnarzt, sozialen Hilfsdiensten und einer Physiotherapie-Praxis, so Schmidt.
Wegen baulicher Vorgaben würde der „Hechten“ nach der Sanierung etwa ein Meter höher sein als jetzt. Schmidt will die Wohngebäude ebenfalls auf diese Höhe bringen. Eines der Häuser soll direkt an der Grundstücksgrenze Raiffeisenstraße/Freiburger Straße stehen.
„Mir sind die Dinger einfach zu wuchtig“, kritisierte Ortschaftsrat Markus Bogner (SPD/Bürgerliste) den Entwurf. Die Gebäude würden sich optisch nicht ins Umfeld einpassen. Zwar nehme auch er das Thema Innenentwicklung wichtig, aber: „Ich weiß nicht, ob ich in diesem Bereich 50 Wohnungen brauche.“ Zudem würde nicht mehr der „Hechten“ ortsprägend an dieser Stelle sein, sondern die neuen Häuser.
Schützenhilfe bekam Bogner von Klaus Heidt (Freie Wähler). Heidt rechnete vor: „Mit den drei Vollgeschossen kommen wir etwa zwei Meter höher als die Gebäude ringsum. Passt das dann noch, wird das nicht zu hoch?“, fragte er. Markus Bogner merkte außerdem an, dass auf dem Gelände drei schöne, große Kastanien stehen. „Wenn die weg sind, macht das für mich auch was aus, was so das Gesamtbild angeht“, sagte er.
„Manchmal müssen Bäume gefällt werden, damit Entwicklung überhaupt möglich ist“, erwiderte Ortsvorsteherin Sanja Tömmes (Freie Wähler) und erinnerte daran, dass die Stadt Kehl mehr Bäume pflanze als fälle. „Ich stelle mir jetzt vor, der ,Hechten‘ verfällt und der Baum steht“, sagte sie. Für sie sei  das Gebäude wichtiger für das Ortsbild als der Baum, der daneben stehe.

Im Auenheimer Ortskern soll ein neues Wohnquartier um das ehemalige Gasthaus „Zum Hechten“ (links) entstehen. Der potenzielle Investor möchte das Ökonomiegebäude (rechts) abreißen und auf dem ganzen Gelände fünf neue Häuser bauen.
Im Auenheimer Ortskern soll ein neues Wohnquartier um das ehemalige Gasthaus „Zum Hechten“ (links) entstehen. Der potenzielle Investor möchte das Ökonomiegebäude (rechts) abreißen und auf dem ganzen Gelände fünf neue Häuser bauen.

„Hechten“ versus Barrierefreiheit
Eine niedrigere Bebauung des „Hechten“-Areals schließt Christoph Schmidt aus: „Wenn wir einen machbaren barrierefreien Wohnungsbau wollen, muss man mit dieser Höhe leben“, sagte er auf der Sitzung. Durch die Aufzugsanlage könne er beispielsweise kein Geschoss im Dachspitz erschließen. „Natürlich sind auch Reihenhäuser möglich“, sagte er. Aber in diesem Fall könne er sich nicht um den „Hechten“ kümmern. „Bitte verstehen Sie das nicht als Drohung“, wandte er sich an die Ortsräte. Es sei „wirklich schwierig“, aufgrund der Bauvorschriften und des zusätzlichen Aufwands für den Denkmalschutz einen anderen Plan zu entwerfen, der sich für seine Firma finanziell lohne. Er werde versuchen, die Höhe „noch ein wenig runterzuholen“, machte dem Gremium aber wenig Hoffnung, „dass da viel Spielraum ist“.

Wenn man den Flächenverbrauch senken wolle, ginge das nur über eine Nachverdichtung, so Tömmes. „Klar, die Häuser sind hoch“, gestand sie ein. „Es wird mit Sicherheit ein anderes Ortsbild entstehen. Aber dafür wird Wohnraum für Menschen geschaffen.“

Der Ortschaftsrat plädierte mit sechs zu zwei Stimmen (Markus Bogner und Stefan Heidt) für den Entwurf. Die formale Offenlage des finalen Bebauungsplans wird voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres erfolgen. Mit der Vorstellung der ersten Entwürfe soll der Öffentlichkeit frühzeitig die Möglichkeit gegeben werden, Stellung zu beziehen. Am Montag wird sich der Gemeinderat mit den Plänen beschäftigen.


Text & Foto: Antje Ritzert

 
 

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