Diese Reaktionen gibt es auf den Umweltskandal am Prestelsee

20.02.2020

Statt in die Kläranlage fließt das Abwasser des Freibads Auenheim seit 45 Jahren in den Prestelsee – und mit ihm auch Gifte wie Chlor, Putz-und Frostschutzmittel. Ein Umweltsünde, der die Fischerzunft nach langer Suche nun endlich auf die Spur kam. Diese Reaktionen gab es auf den Skandal.

Pierre Rosenfelder hat mit vielem gerechnet. Doch als gestern das gesamte Ausmaß des Umweltfrevels am Prestelsee bekannt wurde, verschlug es dem Vorsitzenden der Fischerzunft Auenheim erst einmal die Sprache. „Das ist der Hammer“, machte er sich Luft. 
Seit dem Bau des Freibads Auenheim im Jahre 1975 werden fast sämtliche Abwässer in den Prestelsee geleitet. „Das war kein Anschlussfehler“, erklärt er, „das war genau so geplant.“ Eine Ungeheuerlichkeit, die Kehls Baubürgermeister Thomas Wuttke im Gespräch mit der Kehler Zeitung bestätigt: „Die gesamte Beckenlandschaft ist am Regenwasserstrang angeschlossen.“ Und dieser endet im See.

Zigtausend Liter

Das heißt nicht nur, dass mindestens einmal im Jahr nach der Badesaison zigtausend Liter aus den drei Becken in den Anglersee gespült wird. Stetig fließen im Sommer auch Abwässer aus den Überlaufbecken und im Zuge der Pflegemaßnahmen auch Reinigungs- und Frostschutzmittel in den See, der Lebensraum für viele Tiere ist. „Ja, das ist ein Umweltskandal“, stimmt Wuttke der Fischerzunft Auenheim zu, die für den See und seine Tiere verantwortlich ist. „Regulär müssten diese Abwässer in die Kläranlage geleitet werden.“ Einen Anschluss dorthin hat das Freibad auch. Er wird aber nur vom Sanitärbereich mit seinen Duschen und Toiletten gespeist.

Die Fischerzunft hat Strafanzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Noch ist unbekannt, wer der Adressat ist. „Geplant wurde das Freibad durch die Gemeinde Auenheim“, informiert Wuttke. Betrieben wird es von den Technischen Diensten Kehl (TDK). Das Problem: Der Entwässerungsplan ruhte über Jahre in irgendeiner Schublade im Schwimmbad. Bis zuletzt galt er als verschollen, sodass niemand mehr von der Führung der Abwasserrohre wusste. „Erst in den letzten Tagen wurde er gefunden“, erläutert Wuttke. Ein Mitarbeiter des Freibads durchforstete das Büro, nachdem die Wasserschutzpolizei vor der Tür stand – alarmiert durch die Fischerzunft.

„Seit fünf Jahren haben wir nach der Ursache der Verunreinigungen gesucht“, erläutert Pierre Rosenfelder. Nicht Chlorgeruch störte die Angler, sondern blaue Farbreste, die immer im Frühjahr und Sommer beim Zulauf auf den Grund sackten. Auch damals wurde schon Strafanzeige gestellt – gegen unbekannt. Auenheims Ortsvorsteherin Sanja Tömmes kann es nicht fassen: „Mehrfach waren Vertreter des Umweltamtes, der Abwasserentsorgung und die Polizei da – und nichts ist passiert. Uns hat man immer gesagt, dass die Farbe auf keinen Fall aus dem Schwimmbad kommen kann.“ Jetzt weiß man: Die blauen Farbsplitter stammen aus dem Babybecken, das einmal im Jahr neu gestrichen wird. In den letzten Tagen wurden die Becken gereinigt, damit war eine neue Spur gelegt. 

Die Herkunft der Farbpartikel im Auenheimer Prestelsee ist geklärt.
Die Herkunft der Farbpartikel im Auenheimer Prestelsee ist geklärt.

Im Dunkeln getappt

Nachdem die Kehler Polizei laut Rosenfelder drei Jahre im Dunkeln getappt war, informierten die Angler dieses Mal das Offenburger Polizeipräsidium. „Es hat gleich reagiert“. Mit Polizeibeamten und dem TDK stieg einer der Vereinsmitglieder Anfang dieser Woche in die Dolen und konnte damit die Farbspur bis ins Freibad verfolgen. Ähnlich sei die Stadt auch vor einem Jahr vorgegangen, informiert Thomas Wuttke. Die Farbe habe sich damals aber verlaufen.

Um den Prestelsee vor weiteren Verunreinigungen zu schützen, wurden sämtliche Arbeiten am Freibad eingestellt. „So schnell wie möglich wird das Abwasser außerdem in die Kläranlage umgeleitet“, verspricht der Baubürgermeister. Der See selbst kann laut Rosenfelder nicht gefiltert werden. Es gebe jedoch einen Durchfluss, so dass er sich selbst reinigt. In der Vergangenheit waren die Belastungen jedoch spürbar. „Wir mussten eine Sauerstoffpumpe installieren, damit er nicht umkippt“, so der Vorsitzende der Fischereizunft.

Die Stadt Kehl lässt nun klären, wie es zu der ominösen Planung kommen konnte.


AUS: bo.de
VON: Silke Keil

 
 

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