Warum dieser evangelische Pfarrer buddhistische Meditation lehrt

22.09.2022

Der Auenheimer Pfarrer Tobias Eckerter bietet in einem fünfwöchigen Kurs einen „Weg in die Stille“ an – mit Meditationselementen, die er selbst in einem japanischen Zen-Kloster kennengelernt hat.

Auenheims Pfarrer ist einer, der gerne Neues ausprobiert – so ist das Auenheimer Gotteshaus im letzten Jahr zu einer „Lichterkirche“ geworden, in der Besucher individuell über ein Terminal christliche Impulse und Andachten auswählen und die Kirche dazu in die passende Lichtstimmung tauchen können. Nun bietet Tobias Eckerter einen Kurs in kontemplativer Meditation an, in dem die Teilnehmer mit Elementen aus der christlichen Tradition und dem japanischen Zen lernen, die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen und „in die Stille zu gehen“.
Er habe sich schon immer „für die großen Fragen im Leben“ interessiert, sagt Tobias Eckerter. Die Philosophie sei ihm aber zu wenig praxisbezogen gewesen, weshalb er sich der Theologie zugewandt habe. Der christliche Glaube und eine lebendige Spiritualität seien Geschenke, die ihn durch die Familie seit Kindesbeinen an begleitet, Kraft gegeben und schließlich ins Pfarramt gebracht hätten.
Semester im Ausland
Während des Studiums nahm er an einem Studienprogramm der japanischen Kirche teil und weilte ein Semester in dem ostasiatischen Land. „Wir haben uns mit dem interreligiösen Dialog befasst“, erzählt er. „Seitdem hat mich die Zen-Meditation immer wieder fasziniert und herausgefordert.“

Am Zen-Buddhismus begeistert ihn die praktische Art, mit Religion umzugehen. „Alles Wichtige im Leben ist uns geschenkt, wir müssen es nur entdecken“, sagt er. Im „normalen“, mit Terminen vollgepfropften Leben sei dies aber schwierig. So wuchs in ihm der Wunsch, für längere Zeit in einem japanischen Zen-Kloster in die Stille zu gehen.
2011 war es dann so weit: Nach dem Bestehen des traditionellen und recht harschen Aufnahmerituals wurde Tobias Eckerter für ein Jahr in das bei Kyoto liegende Kloster Manpukuji aufgenommen.

Die Novizen dort führen ein einfaches, aber streng durchgetaktetes Leben, um sich auf die Meditation konzentrieren zu können: Aufstehen um 4.15 Uhr, religiöse Übungen und Rituale, Hausarbeit und Arbeiten in den Parkanlagen. „Zuerst war es wahnsinnig anstrengend, sich in das Leben dort einzufinden“, sagt Eckerter. Die ersten 100 Tage dürfen die Novizen das Gelände nicht verlassen, danach nur einmal im Monat.

Der evangelische Pfarrer Tobias Eckerter aus Auenheim im Zen-Kloster Manpukuji bei Kyoto, in dem er 2012 ein Jahr lang unter den Novizen gelebt hat. ©Fuji Keiko
Der evangelische Pfarrer Tobias Eckerter aus Auenheim im Zen-Kloster Manpukuji bei Kyoto, in dem er 2012 ein Jahr lang unter den Novizen gelebt hat. ©Fuji Keiko

Japanisch gesprochen
Verständigt hat sich der evangelische Pfarrer übrigens auf Japanisch: Bei seinem ersten Aufenthalt im Land 2007/08 hat er nicht nur Sprachkurse belegt, sondern auch seine Frau kennengelernt, die nun mit ihm in Auenheim lebt.

Bei aller Begeisterung für Zen bleibe das Christentum dennoch seine Religion: „Ich vergleiche das manchmal mit dem Sport“, sagt er. „Als Fußballer profitiere ich davon, wenn ich Leichtathletik betreibe, bleibe aber trotzdem Fußballer.“ So könne man in der Beschäftigung mit anderen Religionen Aspekte finden, die man in der eigenen noch nicht entdeckt habe, und seinen Horizont erweitern.

Gute Vorbereitung auf die Stille
In seinem Kurs möchte Tobias Eckerter Zen-Übungen mit traditionellen christlichen Elementen verbinden. „Mein Ansatz ist ein langsamer Weg, wir werden erst mit Bewegungsmeditation Achtsamkeit für den Körper generieren und erst am Schluss wirklich in die Stille gehen“, sagt er. Zur Einstimmung wird er bis zum Kursbeginn wöchentlich kleine Videos über das Kloster Manpukuji, das er im Juni dieses Jahres wieder besucht hat, auf seinem Youtube-Kanal „Pfarrer E. aus A.“ veröffentlichen.

AUS: bo.de
VON: Nina Saam

 
 

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