Als die Verantwortlichen des Heimatbundes nach der 1100-Jahr-Feier in Auenheim großes Interesse an der Geschichte und der Lebensweise unserer Vorfahren feststellten, wurde die Idee zu einer Jahresschrift geboren. Man nannte sie „Heimatgruß“; sie sollte Beiträge in der Auenheimer Chronik von 1988 ergänzen und ein Forum für neue Berichte bieten …
In vielen Kontakten und Gesprächen hatte man erfahren, dass auch die auswärts lebenden Auenheimer am Dorfgeschehen interessiert waren. So fanden auch aktuelle Nachrichten aus dem Ortsgeschehen und den Vereinen Eingang in die Schrift, die 1990 zum ersten Mal erschien. Die Entstehung des Heimatgrußes verdanken wir vor allem Walter Fuchs. Er hat mit zahlreichen Berichten zu historischen Themen den Heimatgruß entscheidend mitgeprägt. Fast 20 Jahre war er auch verantwortlich für Redaktion, Adressen-verwaltung und Versand. Und so ist aus dem „Versuch Heimatgruß“, wie es der damalige Vorsitzende Richard Schneider nannte, mittlerweile eine feste Größe in der Arbeit des Heimatbundes und eine fortlaufende Chronik des Dorf- und Vereins-geschehens geworden. Damit können wir vor allem Auenheimer aus Nah und Fern erfreuen und ihnen ein bisschen Heimatgefühl- und identität vermitteln. Jährlich verschicken wir etwa 500 Exemplare kostenlos an ehemalige Auenheimer in alle Welt (sowohl nach Leutesheim als auch in die USA oder nach Thailand!), und auch vor Ort werden viele Hefte verkauft. Jedes Mitglied des Heimatbundes wird kostenlos versorgt. Sehr erfreulich ist, dass die Druckkosten, die der Verkauf nicht decken kann, durch die großzügigen Spenden unserer Leser finanziert werden. Dies und viele positive Zuschriften und Anregungen bestärkt und motiviert das Heimatgruß-Team in seiner Arbeit.
In den früheren 1980er Jahren begann man in Auenheim mit den Planungen des Jubiläums „1100 Jahre Auenheim“ 1988. Dies führte dazu, dass 25 Mitglieder am 10. Juni 1985 den Heimatbund Auenheim gründeten. Das Amt des 1. Vorsitzenden übernahm der damalige Ortsvorsteher Richard Schneider. In seiner Nachfolge standen und stehen Bernhard Honauer (ab 1995) und Marianne Schwing (seit 2003). Im Frühjahr 1988 wurde der Verein in den Bund Heimat und Volksleben aufgenommen.
Dem Vereinszweck entsprechend war der Heimatbund maßgeblich an der Vorbereitung und Gestaltung des Dorfjubiläums 1988 beteiligt. Es wurde die Trachtengruppe gegründet, die sich später auch als Volkstanzgruppe einen Namen machte …
An den zwei letzten Wochenenden im August 1988 fand dann die
1100-Jahr-Feier statt. Jede der Veranstaltungen war in sich ein
Höhepunkt: der Festakt mit der Vorstellung der umfangreichen
Ortschronik, die große historische Ausstellung, der Tag der Fischer, der
Festgottesdienst und das Volksfest eine Woche später.
In den
folgenden Jahren trat der Heimatbund hauptsächlich durch die
Volkstanzgruppe öffentlich in Erscheinung. Auch Tagesfahrten nach
Straßburg und heimatkundliche Führungen durch die Auenheimer Gemarkung
wurden angeboten.
Das heutige Ehrenmitglied Walter Fuchs
hatte schon viele Jahre vorher in Auenheim und Umgebung Spuren der
Besiedlung vor allem während der Römerzeit entdeckt und erforscht. Nun
gründete er den Archäologischen Arbeitskreis, dessen Aktivitäten die
Gegend um Kehl zum am besten erforschten Gebiet in der Ortenau machte.
Im ehemaligen Gemeindebad im Kindergartengebäude wurden ein Magazin und
im Hanauer Museum Kehl eine archäologische Ausstellung eingerichtet. Im
Obergeschoss entstand die Heimatstube, ein Raum für Zusammenkünfte und
für verschiedene erfolgreiche Ausstellungen.
1990 erschien
die erste Ausgabe des „Heimatgruß“. Diese Jahresschrift wird von den
Einheimischen gerne gekauft und stellt seither auch ein wichtiges
Bindeglied zu auswärts wohnenden Auenheimern dar.
Seit 1997
gibt es in Auenheim jährlich einen Weihnachtsmarkt. Zur Aufbewahrung
alter Gerätschaften stellte die Ortsverwaltung Auenheim dem Heimatbund
das alte Stierstallgebäude zur Verfügung. Bevor man 2005 zum 20jährigen
Bestehen des Heimatbundes ein großes Stierstallfest feierte, wurden das
Gebäude und die Außenanlagen mit viel ehrenamtlichem Einsatz von Grund
auf renoviert.
Seither ist der Stierstall die attraktive
Heimstatt des Heimatbundes. Mit seinem Garten und dem öffentlichen Platz
vor dem Gebäude ist er ein idealer Veranstaltungsort, u. a. für den
Bauernmarkt, der seit 2006 hier jährlich stattfindet. 2008 wurden die
Bauarbeiten fortgesetzt. Der Geißenstall wurde grundlegend erneuert, u.
a. hat man Toiletten eingebaut. Als 2010 das 25. Vereinsjubiläum
anstand, hat man zum Endspurt angesetzt. Eine Küche wurde installiert
und die Arbeiten am Vereinsraum wurden beendet. Die Materialkosten trug
die Stadt Kehl.
Die Erfahrungen beim Stierstallfest führten
2005 zur Gründung der Heimatbundjugend. Unter Leitung von Stefan Bleck
wurden vielseitige Aktivitäten angeboten. Verschiedene Umstände führten
jedoch dazu, dass die Jugendarbeit 2009 ausgesetzt werden musste.
2010 schloss sich der Film- und Fotoclub als „Arbeitskreis Film und Bild“ dem Heimatbund an.
2013 konnte die Dorfgemeinschaft mit einem großen Dorffest 1125 Jahre Auenheim feiern.
Auch dazu trug der Heimatbund vieles bei. Es wurden verschiedene Ausstellungen erstellt und auch im Stierstall gab es musikalische und kulinarische Angebote.
Näheres können Sie hierzu im neuen Heimatgruß 2013/2014 lesen.
Karl Britz
Als Quellen für diesen Beitrag dienten hauptsächlich die Berichte im „Heimatgruß“ 2009.
Der neue Heimatgruß 2021/22 ist ab sofort erhältlich!
Auf 75 Seiten finden Sie auch dieses Jahr neben viel Interessantem aus alter und neuer Zeit die gewohnten Berichte aus dem Auenheimer Dorf- und Vereinsleben. Einige ausgewählte Texte aus unserer Jahresschrift, auch aus der neuen Ausgabe, finden Sie hier auf unserer Homepage.
Wenn Sie Exemplare des Heimatgrußes (auch älteren Datums) kaufen möchten oder Anregungen und Beiträge für die Jahresschrift haben, wenden Sie sich bitte an folgende Adressen:
Marianne Schwing
Schlüsselstr. 4
77694 Kehl-Auenheim
Tel. 07851 1560 marianne.schwing@web.de
Gisela Heidt
Sofienstr. 6
77694 Kehl-Auenheim
Tel. 07851 1887
gheidt@gmx.net
Sie erhalten das Heft an
folgenden Stellen zum Preis von 5,00 Euro:
Berge im Hanauerland? Da reibt sich der Leser die Augen. Da es im Hanauerland keine herausragenden Gipfel gibt, pflegten die Alteingesessenen auch kleine Erhebungen im Gelände als „Berge“ – nein als „Berje“ zu bezeichnen. Oder schreibt man besser „Barije“?
Kurt Honauer hat seine entsprechenden Betrachtungen und Beschreibungen für den Heimatgruß 2013/14 in Mundart niedergeschrieben (S. 76/77). Indes befürchtet die Redaktion, dass sich zugezogene und jüngere Leser schwer tun, bei der Lektüre die richtige Aussprache im Hanauer Dialekt zu erkennen.
Darum gibt es die „Auemer Berje“ hier auch zum Hören. Den Text in diesem Tondokument spricht Bernhard Honauer.
Alte Formen der Körperpflege für die Dorfbewohner
In den frühen 1900er-Jahren wurden in vielen Gemeinden für die Bevölkerung „Volksbäder“ geschaffen.
Als im Jahr 1914 der Kindergarten eingeweiht wurde, bekam auch Auenheim ein „Volksbad“. Es wurde im hinteren Teil des Gebäudes mit einem separaten Zugang eingerichtet. Für das Dorf war das damals fast eine Sensation. Zwei Dusch- und zwei Badezellen haben über 60 Jahre lang der Hygiene und dem Wohlergehen der Menschen gedient.
Viele Angehörige der älteren Generation erinnern sich an das damals nicht alltägliche Vergnügen, ein Bad in einer der mächtigen freistehenden Wannen zu nehmen. In der Badekabine gab es lediglich noch einen Holzrost auf dem Boden vor der Wanne, einen Stuhl und einen Kleiderhaken. Das Volksbad war nur am Samstagnachmittag geöffnet. Mit Seife und Handtuch ausgestattet wartete man im Vorraum, bis man an der Reihe war. Damit der Stau der Wartenden nicht zu lange wurde, mussten Kinder auch mal zu zweit oder zu dritt in die Wanne steigen.
Manchmal musste man angesichts verbliebener grauer Ränder am Wannenrand Verständnis dafür haben, dass vor dem Benutzerwechsel nicht genügend Zeit zum gründlichen Putzen zur Verfügung gestanden hatte. Und wenn man zu lange und zu ausgiebig badete, wurde man auch mal mit einem Klopfzeichen des Bademeisters daran erinnert, dass die zustehende Badezeit abgelaufen war.
Der letzte Auenheimer Bademeister war Michael Gonsert, der von seiner Frau unterstützt wurde. Als es dann in immer mehr Häusern moderne Badezimmer gab, war die Zeit des Gemeindebades zu Beginn der 1970er Jahre vorbei.
Ein Raum des Gemeindebades ist zum Glück weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. 1998 hatte der Heimatbund diesen renoviert und wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Auch beim gerade beendeten Umbau des Kindergartens haben umsichtige Bauleiter diesen Baderaum als historischen Erinnerungsort belassen.
Wenn man das Kindergartengebäude durch einen der Seiteneingänge betritt, kann man durch eine Glastür einen Blick hineinwerfen. Dort sind auch noch andere Gegenstände zum Thema Baden aus dem Fundus des Heimatbundes ausgestellt.
Wie man sonst noch den Körper reinigte oder badete
Dorfbewohner pflegten notgedrungen noch andere Formen der Körperhygiene. Besonders in der wärmeren Jahreszeit nutzte man einfach den Brunnentrog im Hof oder scheute sich auch nicht, sich an einem freien Gewässer einzuseifen.
Das gute alte Stück auf dem Bild unten entdeckten wir irgendwo in einem Hausgarten. Es ist eine Zinkbadewanne, wie es sie in vielen Häusern gab, als ein spezielles Badezimmer noch nicht zum Wohnungsstandard gehörte. Sie wurde meist am Samstag aus irgendeiner Abstellecke in die Küche geholt und mit Badewasser gefüllt, das man vorher aus dem Handschöpfbrunnen gepumpt und auf der Herdplatte erhitzt hatte.
Oft nahmen mehrere Familienmitglieder nacheinander in der gleichen Wannenfüllung ihr Reinigungsbad, wobei natürlich der individuelle „körperliche Zustand“ die Reihenfolge bestimmte. Das Badewasser verwendete man zumeist wieder zum Pflanzengießen.
Hier finden Sie in Kürze einen Auszug aus dem aktuellen Heimatgruß 2019/2020 zum Thema Selbstversorgnung - Das Leben ohne Supermarkt.
Von Walter Fuchs † - Karl Britz
Diese Inschrift lesen wir über dem Eingangsportal der Grundschule Auenheim. Sie zeigt uns an, dass das Schulhaus im Jahre 2018 einen Jubiläums-Geburtstag feiert. Es ist 125 Jahre alt geworden und auf dem Gebiet der Stadt Kehl das älteste Gebäude dieser Art, das noch seinem ursprünglichen Zwecke dient. Bereits in der Ortschronik von 1988 und zum Baujubiläum 1993 haben wir für den Heimatbund über die Auenheimer Schulhäuser berichtet. Aufbauend auf jenen Texten blättern wir anlässlich des 125. Geburtstags erneut im Geschichtsbuch. Die Karikatur von Tomi Ungerer, die er dem Schulhaus 1993 zum 100. Geburtstag gewidmet hat, ist dafür ein bildhaftes Symbol.
Schon um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges gab es in Auenheim Schulunterricht – an welchem Ort und in welcher Form ist aber nicht zu belegen. Die einzigen Hinweise ergeben sich aus den Kirchenbüchern, wo Standesfälle von Schulmeistern – so bezeichnete man damals den Lehrer – eingetragen sind. Walter Fuchs hat sie einst entdeckt:
1636: „Am 14. Februar starb Paulus Baum, der Schulmeister.“
1693: „Schulmeister Georg Gustavus Fischer und seine Hausfraw Salome
ließen ein Töchterlein taufen.“
1717: „Schulmeister Georg Gustavus Fischer, 71 Jahre alt welcher 28 Jahr
allhir die Schul mit großem Fleiß und Eiffer aber Schlechter belohnung
(indem er jährlich nur ein Viertel Frucht und bey drei Jahren her noch ein
Viertel Gerst bekommen) vorgestanden wurde begraben 27ten Juny
1717 bei volkreicher versammlung. Die köstlichste und schwerste Arbeit
wird von der Welt ahm schlechtesten belohnt.“
Was Pfarrer Johann Adam Schwind damals notierte, wirft ein beredtes Licht auf die soziale Situation des Dorflehrers. Er war für seine Tätigkeit nicht ausgebildet, entstammte oft dem Handwerkermilieu. Die Entlohnung für den Schuldienst reichte bei weitem nicht aus, so dass der Schuldiener, wie der Lehrer auch genannt wurde, oft noch sein altes Handwerk ausübte, z. B. als Schneider oder Schuster.
Wenn schon die Arbeit des Schul-dieners so schlecht vergütet wurde, so war es um den Schulraum nicht besser bestellt. Wie auch in anderen Dörfern wurde der Schulunterricht wahrscheinlich in der Wohnstube eines einfachen Bauernhauses abgehalten. Die Ausstattung war wenig kindgemäß, oft war die Schulstube gleichzeitig die Wohnung des Lehrers. Ob das auch auf Auenheim zutraf, ist aber nicht belegt.
Der Schulunterricht war eine kirchliche Angelegenheit. Der Kirchengemeinderat beaufsichtigte das örtliche Schulwesen, die Lehrer waren dem Pfarrer unterstellt. Dieser amtierte als Schulinspektor, vergleichbar mit dem heutigen Schulrat.
Wenige Jahre nach dem Tod von Schulmeister Fischer vermeldete Pfarrer Schwind im Anhang des Kirchenbuchs einen gewissen Fortschritt:
„Anno 1721 ließ die Gemeind ein neues Schulhauße verfertigen und solches nächst an der Kirch aufschlagen welches geschähe festo Maria Verkündigung 25. März nach dem Gottesdienst.” Das Haus existiert heute noch, wir kennen es als altes Rathaus. Von seiner Ausstattung wissen wir nicht viel. Lediglich 1854 vermerkte der Bürgermeister einen Anstrich und die Ausbesserung des Backsteinbodens.
Fast 150 Jahre mussten die jeweiligen „Schuldiener” mit einem einzigen Schulzimmer auskommen, bis die Gemeinde 1850 Abhilfe schaffte. Inzwischen hatte sich die Schülerzahl auf etwa 130 erhöht, und schon etliche Jahre war außer dem Hauptlehrer ein Unterlehrer beschäftigt. Für jährlich 36 Gulden schloss darum die Gemeinde mit „Jakob Mertz, Kiefermeister und Blumenwirt”, einen Pachtvertrag für sein leerstehendes Haus ab, um „a. die untere Stube zum Gebrauch als Schulzimmer, b. die obere Stube zur Wohnung für den Unterlehrer” einzurichten. Wo sich dieses Haus befand und ob es einen räumlichen Zusammenhang mit dem Gasthaus zur Blume gibt, ist nicht bekannt. Das Großherzogliche Bezirksamt genehmigte den Pachtvertrag. Zwei Jahre später musste „daß Schuhlzimmer der ersten Schuhle ausgeweist und mit grüner Farbe überfahren werden.“
Um aus dem unsicheren, von beiden Seiten aufkündbaren Pachtverhältnis herauszukommen, erwog die Gemeinde den abermaligen Neubau eines Schulhauses. Da gelang es 1854, das „Wohnhauß mit Zugehörte des Michael Martzloff”, ein Anwesen „gegenüber dem Pfarrhauß”, für 700 Gulden zu ersteigern. Es stand auf dem heutigen Kindergartengelände. Der Umbau des Wohnhauses zur Dienstwohnung des Unterlehrers und ein einstöckiger Anbau eines „II. Schullokals” wurden von den Ämtern genehmigt. Unter anderem bemängelte man aber, dass die Schulstube für 70 Schulkinder „mit 23 x 26 Fus” (ca. 6,90 x 7.80 Meter) nicht das erwünschte Maß hatte. Nach dem Voranschlag kostete der Um- und Neubau die Gemeinde 1260 Gulden.
Sehr komfortabel scheint die renovierte Lehrerwohnung nicht ausgefallen zu sein. Denn 1879 beklagte sich Hauptlehrer Breithaupt über die ungesunde feuchte Wohnung und ein anderes Mal über „Wanzen unter dem Getäfel”. Die Gemeinde musste nicht nur für die beiden Schulhäuser und ihre Einrichtungen, sondern auch für die Lehrergehälter aufkommen. Die örtlich Verantwortlichen waren bestrebt, zu sparen und somit auch diese Ausgaben niedrig zu halten.
Inzwischen hatten sich die Bestimmungen über die Schulaufsicht geändert. 1860 wurde das öffentliche Schulwesen in Baden der Aufsicht des Staates unterstellt. Oberste Schulbehörde – vergleichbar mit dem heutigen Kultusministerium – war der "Großherzoglich Badische Oberschulrat“ in Karlsruhe. Als neue Aufsichtsbehörden wurden Kreis- und Ortschulräte eingerichtet. Das hatte unter anderem zur Folge, dass die Gemeinde hinsichtlich des Lehrer- und Schulraumbedarfs mehr und mehr unter Druck geriet. In seinen Prüfberichten verlangte der Großherzogliche Kreisschulrat wiederholt die Beseitigung von Mängeln. Dies betraf sogar die Mindestausstattung. So wurde 1877 der Gemeinderat aufgefordert, „dafür Sorge zu tragen, ... dass in dem Lokale des II. Hauptlehrers durch eine neue Bank die Schüler genügend Platz erhalten.”
Noch drastischer wirkte sich das Ergebnis der Ortsbereisung von 1877 aus. Es wurde festgestellt, dass ein dritter Lehrer notwendig sei. Das beunruhigte wiederum die Auenheimer Gemeindeverantwortlichen in finanzieller Hinsicht. Das Bezirksamt protokollierte dies in seinem Bericht:
„Da aber ein dritter Lehrsaal in den 2 vorhandenen Schulhäusern nicht beschafft werden kann, so fürchtet der Gemeinderat, zu einem Neubau genötigt zu werden.“ Mit Rücksicht auf die ökonomischen Verhältnisse der Gemeinde und den zu erwartenden Rückgang der Kinderzahl nach Wegzug der Arbeiter am Fort Blumenthal solle es bei der alten Situation belassen werden.
Zwei Jahre nahm der Großherzogliche Oberschulrat in Karlsruhe diese Verhältnisse hin. Doch 1879 kündigte er wegen der großen Zahl von 224 Schülern die baldige Errichtung einer dritten Lehrerstelle an, „indem jetzt schon das Zimmer des l. Hauptlehrers mehr Schüler zu fassen nicht im Stande sei”. Die Aufforderung, Vorschläge zur Behebung des Raummangels zu machen, beantwortete die Gemeinde mit der erneuten Bitte, „von der Errichtung einer 3. Lehrerstelle vorerst abzusehen”.
Diese Hinhaltetaktik funktionierte offenbar noch 10 weitere Jahre. 1889 versuchte man immer noch, um größere Baumaßnahmen herumzukommen, „da die beiden Hauptlehrer hier (Landenberger und Breithaupt) sich im Stande sehen, selbst bei der jetzigen und noch größeren Schülerzahl” ihrem Auftrag gerecht zu werden, „was auch die Prüfungsberichte bisher bestätigten”.
Davon ließen sich die Behörden aber nicht mehr lange beeindrucken. 1890 erklärte das Bezirksamt, neben der Bezirksschulvisitatur sehe auch der Bezirksarzt einen Neubau für notwendig an, und drohte der Gemeinde mit einer ultimativen Verfügung. Es sei nicht absehbar, ob deren ökonomische Lage später eher einen Neubau ermöglichen werde. Man werde den Bezirksbaumeister mit der Planung beauftragen, falls die Gemeinde nicht selbst tätig werde.
Dermaßen gedrängt, ließ die Gemeinde, nachdem mehrere dem Zweck und der Größe entsprechende Gebäude besichtigt worden waren, durch den Architekten Protz Pläne entwerfen. Der damals 33-jährige Sohn des in Auenheim wohnenden Bezirksgeometers war schon in Mannheim, Karlsruhe und Straßburg mit der Schaffung namhafter Bauwerke erfolgreich gewesen.
Als Bauplatz war zunächst das Gelände des damaligen zweiten Schulhauses und heutigen Kindergartens vorgesehen, doch wurden die Grundstücksverhältnisse dort als zu eng befunden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Baustätte „insbesondere auch Gelegenheit bietet, etwa später auftretende Bedürfnisse nach Erweiterung der Schulanstalten zu befriedigen, der Schulhausbau hat eben Generationen zu dienen”.
Schon zuvor hatte der Großherzogliche Oberschulrat in einer Mitteilung die Maßstäbe gesetzt: „Unseres Erachtens ist schon Wert darauf zu legen, dass die Bedeutung des Schulhauses auch am Äußeren zum Ausdruck kommt und dasselbe sich schon durch seine in ganz anderen Abmessungen gehaltene Form und Gestalt von den ... Wohnhäusern vorteilhaft unterscheidet und auszeichnet.” Die Hauptfassade müsse der Straße zugewandt sein.
Auf Grund dieser Vorgaben erwarb die Gemeinde 1892 von Landwirt Friedrich Michael Schwing seine „Hofreit mit Wohnhaus, Scheuer, Stallung und Schöpf” für 7000 Mark als Bauplatz, zusätzlich von anderen Angrenzern noch vier kleinere „Güterstücke”.
Im Herbst 1892 wurde mit dem Bau des heute noch genutzten Schulhauses begonnen. In den Grundstein wurde eine Blechlade eingelassen, deren Inhalt nicht überliefert ist. Anhand erstklassiger Werkpläne und Detailzeichnungen wurde innerhalb eines Jahres das Schulhaus erbaut.
Im Herbst 1893 konnte das Schulhaus bezogen werden. Zur Einweihung lieferte Kaufmann Ludwig Jakob Hirtzel „5 Pfund Böller Pulfer”, so dass der Schmied Georg Heidt das festliche Ereignis lautstark ankündigen konnte. Die Forderung von „Gastwirth Friedrich Scherwitz (Hechten) für verabreichtes Essen und Getränke für auswärtige vom Gemeinderat eingeladene Herren” belief sich auf 20 M 26 Pf. An die Schuljugend verteilte man 125 Wecken, für die Bäckermeister Karl Stengel 6 Pfennig je Stück verlangte. Schließlich wurden von der „Industrielehrerin” Ehrhardt 4 Fahnen angefertigt, für die sie je 2,80 Meter Fahnentuch in den Farben schwarz, weiß und rot anschaffte.
Das Gesamtprojekt war zeitgemäß. Das Schulhaus war nicht nur der Arbeitsplatz der Lehrer, sondern auch deren Wohnung. Im Erdgeschoss wurden drei Schulsäle und die Unterlehrerwohnung eingerichtet, im Obergeschoss befanden sich die Dienstwohnungen der beiden Hauptlehrer. In diesem Zusammenhang ist ein Vertrag aus dem Jahre 1897 interessant, durch den die Lehrer die Verpflichtung zur Heizung ihres Lehrsaals übernahmen. Zur Beschaffung des Heizmaterials erhielt jeder von der Gemeinde jährlich 150 Mark.
Nun wurde in Auenheim als dritte Lehrkraft eine Unterlehrerin angestellt. Aus den bisher vier Klassen konnten sechs gebildet werden. Die Senkung der Schülerzahl von 60 bis 70 auf jetzt 40 pro Klasse war ein großer Fortschritt. Nach wie vor aber hatte jeder Lehrer zwei Klassen zu betreuen, die älteren Schüler vor- und die jüngeren nachmittags.
An der Nordgrenze des Grundstücks befand sich eine Remise mit Waschhaus, Holzvorratsraum, Schweine- und Hühnerställen. Damalige Schüler berichteten, dass das Federvieh der Lehrer auch während der Pausen auf dem Schulhof spazierte. Zum Leidwesen von Hauptlehrer Landenberger fehlte ein Stall für Großvieh. Für die Abortanlage wurde in der Mitte des Hofes ein gesondertes Gebäude erstellt.
Nach der endgültigen Abrechnung von Architekt Protz kam der Neubau des Schulhauses auf 61.135 Mark und 16 Pfennige. Es wurde ein Schuldenplan erstellt, nach welchem das Darlehen der Sparkasse Kehl in Höhe von 60.000 Mark in 41 Jahren abgetragen werden sollte. Doch schon nach 3 Jahren konnte man diese Schuld ablösen, weil der Verkauf des Hafengeländes die finanzielle Situation der Gemeinde verändert hatte.
Der gediegenen Planungs- und Handwerksarbeit müssen wir noch heute Respekt zollen, denn viele der damaligen Baukomponenten sind auch 125 Jahre später noch vorhanden. Die eichene Eingangstür, welche die Arbeitsgemeinschaft Bilz/Gabriel für den Betrag von 210 Mark und 10 Pfennig geschaffen hat, tut immer noch ihren Dienst. Auch die Zimmertüren im Erdgeschoß und die Holzverkleidungen der ersten drei Schulsäle sind erhalten. Ungezählt sind auch die manchmal zaghaften, manchmal ungestümen Kinderfüße, die über den Terrazzoboden des Flures liefen, der bis heute ein Schmuckstück des Hauses ist. Der zufriedene Architekt veranlasste, dass die italienischen Terrazzoarbeiter von der Gemeinde mit einem Trinkgeld belohnt wurden.
Der massive Klinkerbau war dem Wunsch des Großherzoglichen Oberschulrats entsprechend für viele Jahrzehnte neben der Kirche das eindrucksvollste Bauwerk im Ort. Eine vorausschauende Planung und die gute Bauqualität ermöglichten es der Gemeinde, das Gebäude durch verhältnismäßig einfache Innenumbauten immer wieder den sich verändernden schulischen Erfordernissen anzupassen.
Das Schulhaus in Auenheim war in den mehr als 12 Jahrzehnten seiner Existenz nicht nur Lernort der Dorfkinder und Wohnstätte der Lehrer, sondern es war auch den Turbulenzen der Zeitgeschichte ausgesetzt.
Schon im Ersten Weltkrieg war es zeitweilig mit Truppen und Lazarettplätzen belegt. 1938 wurden Pioniere einquartiert. Im Zweiten Weltkrieg wurden auf dem Dachboden Heilkräuter getrocknet, die die Schulkinder für „Heer und Heimat“ sammeln mussten. Immer häufiger mussten sich 1944 die Lehrer mit ihren Klassen bei Fliegeralarm in den Keller begeben, bis der Schulunterricht ganz eingestellt wurde. Es gab auch am Schulhaus erhebliche Gebäudeschäden.
Damit nach dem Krieg wieder Unterricht abgehalten werden konnte, mussten viele Fenster zuerst mit Pappkartons notdürftig zugeschlagen werden und die Öfen wurden mit Sägemehl beheizt.
Das Schulhaus in Auenheim erfuhr sodann manche bauliche Veränderung. Die alte Abortanlage und die Remisen verschwanden, ein Toilettenanbau wurde errichtet. Aus den Lehrerwohnungen wurden Schulsäle.
Die 1960er Jahre waren landauf und landab gekennzeichnet vom Bau vieler neuer Schulhäuser. Auch in Auenheim sollte in der Nachbarschaft zur heutigen Sporthalle ein neuer Gebäudekomplex für eine Grund- und Hauptschule entstehen. Aber die Schulreformen hatten zur Folge, dass diese Pläne nicht realisiert wurden. In Auenheim wurde 1973 eine Grundschule eingerichtet, in der viele Jahre im Wechsel mit Leutesheim auch Schüler aus Bodersweier unterrichtet wurden. Im Gegenzug kam Auenheim zum Einzugsbereich der Hauptschule Bodersweier.
Das Schulhaus erfuhr weitere bauliche Veränderungen und Verbesserungen. Die Lehrergärten wurden zu Parkplätzen und Spielbereichen umgestaltet und 1999 entstanden im Dachgeschoss ein Bewegungsraum und zwei weitere Nebenräume. Es gab eine erneute Umnutzung mancher Schulsäle, u. a. durch die Verkleinerung des Schuleinzugsbereichs und die Einführung der außerunterrichtlichen Schulkindbetreuung.
Als 1973 der Hauptschulbetrieb in Auenheim beendet und die Schulbaupläne endgültig begraben wurden, haben manche Zeitgenossen dies als Abwertung empfunden. Vielleicht war – langfristig gesehen - jene Maßnahme aber auch eine glückliche Fügung, wenn man bedenkt, dass die Haupt- und Werkrealschule in Bodersweier inzwischen nicht mehr besteht, während die Auenheimer noch eine Grundschule am eigenen Wohnort haben und dafür ihr altes Schulgebäude weiterhin nutzen.
Von Marianne Schwing
Aus einer Idee der Heimatbundmitglieder, allen voran Stefan Bleck, entstand der nun schon zur Tradition gewordene Bauernmarkt. Seit 2006 freuen sich alle Beteiligten auf dieses letzte Freiluftfest der Saison am Erntedanksonntag.
Regelmäßig finden sich 20 bis 30 Standbetreiber mit einem bunten Angebot auf dem Stierstallplatz und in den angrenzenden Straßen ein. Sie kommen immer wieder gerne zu uns und genießen die gemütliche Atmosphäre. Mit einem kleinen kulturellen und auch informativen Rahmenprogramm locken wir zusätzlich jedes Jahr viele Besucher auf den Stierstallplatz.
Im Jubiläumsjahr 2016 beschlossen wir, das Programm etwas zu erweitern. Aber der Markt sollte trotzdem im Mittelpunkt stehen. Zu Beginn des Markttages konnten wir 22 Standbetreiber begrüßen, die wieder mit einem vielfältigen Angebot an Kunsthandwerk, Handarbeiten, Obst, Gemüse, Nudeln, Likören, Käse, Wurst, Wildspezialitäten, Seifen, Senf, Kräutern und vielem mehr aufwarteten. Natürlich fehlte auch der Auggener Weinstand nicht.
Auch unsere Freunde aus Meistratzheim, die schon so viele Bauernmärkte bereichert hatten, waren wieder gekommen. Über die Mittagszeit erfreuten sie uns mit elsässischer Volksmusik und ihren Tänzen in der schönen Meistratzheimer Tracht. So fiel uns der Abschied am Abend schwer – wie immer.
Unmittelbar vor Konzertbeginn standen Ehrungen an. Die Vorsitzende Marianne Schwing ließ kurz gefasst die 10 Jahre Bauernmarkt Revue passieren und ehrte dann sieben Standbetreiber für ihre Treue. Sie waren bei jedem Bauernmarkt dabei gewesen. Als äußere Zeichen erhielten sie eine selbst gebastelte große Auemer Gans und eine Flasche Sekt. Alle waren überrascht und freuten sich sehr über die Anerkennung. Der Musikverein spielte dann für sie ein besonderes „Ständerle“.
Im Stierstallgarten wurde wieder „getrottet“ und der frische Apfelsaft fand reißenden Absatz.
Stefan Bleck war wie bei fast jedem Bauernmarkt dafür verantwortlich.
Rolf Heidt dengelte stumpf gewordene Sensen und auch Peter Prestel mit
seiner Feldschmiede demonstrierte wieder sein Handwerk. Vor allem die Kinder umringten den ganzen Tag über seine Schmiede und waren davon fasziniert, wie aus einem unförmigen Stück Eisen Nützliches und Schönes entsteht.
seiner Feldschmiede demonstrierte wieder sein Handwerk. Vor allem die Kinder umringten den ganzen Tag über seine Schmiede und waren davon fasziniert, wie aus einem unförmigen Stück Eisen Nützliches und Schönes entsteht.
Ab 19 Uhr war dann Party mit „Oli und Men in Black“ angesagt. Bei guter und abwechslungsreicher Musik wurde viel getanzt und gelacht und der Bauernmarkt fand so einen fröhlichen Abschluss.
Am Nachmittag spielte zum besonderen Anlass die große Kapelle des Musikvereins „Harmonie“ Auenheim. Ihre Musik war ein gelungener Kontrast zur Volksmusik und kam gut an. Es gab sogar eine kleine Kooperation. Die Auenheimer spielten und ein Meistratzheimer Musiker sang dazu, was allen großen Spaß machte.
Aus Anlass des Jubiläums hatte der Arbeitskreis Film und Bild in Helmut Walters passend dekorierter Scheune eine kleine Fotoausstellung über die zehnjährige Bauernmarkt-Geschichte organisiert. Etliche Besucher entdeckten sich auf den Bildern und beim Betrachten wurden viele Erinnerungen ausgetauscht.
Da der Jugendvorstand des Turnvereins Auenheim am Abend dan- kenswerter Weise die Bewirtung übernahm, konnten auch die Heimat- bund-Helfer jetzt das Fest genießen und mitfeiern. Sie hatten tagsüber schon die Gäste mit Flammenkuchen, Rindfleisch und Meerrettich, Kürbissuppe, Grillwürsten, Speck-, Wurst- und Käsebroten sowie Kaffee und Kuchen versorgt. Auch die Vorbereitungen, der Aufbau und der Abbau erfordern beim Bauernmarkt immer einen großen Kraftakt für die vergleichsweise kleine Anzahl an Aktiven.
Über allem aber steht die Freude, wenn wir sehen, dass der Tag unseren Gästen gefällt. Dann ist alle Mühe schnell vergessen. Darum möchte ich mich zum Schluss bei allen herzlich bedanken, die in irgendeiner Weise zum Gelingen der Bauernmärkte beigetragen haben und hoffe, dass es noch viele Bauernmärkte geben wird.
Im Herbst des Jahres 2016 ging fast unbemerkt und unspektakulär eine lange Ära der Heimatforschung in Auenheim zu Ende. Walter Fuchs, der wegen seines hohen Alters und gesundheitlicher Einschränkungen schon länger nicht mehr so aktiv wie früher sein konnte, hat nun seine Arbeit ganz abgeschlossen. Monatelang hatte er seine Bestände an Dokumenten und Gegenständen, die ihm die Auenheimer Bewohner zur Bewahrung überlassen hatten, gesichtet und sortiert. Diese werden in das Archiv des Heimatbundes übernommen.
Die größte Arbeit aber war das Sortieren der vielen archäologischen Fundstücke, vor allem der unzähligen Scherben, die er über die Jahrzehnte auf den Äckern aufgelesen hatte. Alles hatte im Jahre 1964 begonnen, als bei der Kirchenrenovierung römische Leistenziegeln ans Tageslicht kamen. Durch systematische Geländebegehungen gelang es Walter Fuchs danach, viele Siedlungsspuren aus der Römerzeit sichtbar zu machen. 1978/79 wurde eine römerzeitliche Siedlung im Gewann Pfarrmatte ausgegraben.
Mit etlichen Unterstützern aus der Region
gründete Walter Fuchs dann den archäologischen Arbeitskreis. Das
ehemalige Auenheimer Gemeindebad wurde in Gemeinschaftsarbeit zum
Magazin ausgebaut, wo die Fundstücke, nach Fundstellen geordnet,
sicher in Holzkisten aufbewahrt werden konnten. (Bild oben).
2016 sah Walter Fuchs nun die Zeit gekommen, dass andere kompetente Fachleute künftig über diesen Schatz wachen sollten. Er wandte sich an das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg. Im Oktober kamen Mitarbeiter des zentralen archäologischen Fundarchivs Rastatt zur Abholung nach Auenheim. Zwei Fahrten waren nötig, um die große und schwere Fracht zum Archiv zu befördern. Die Arbeit von Jahrzehnten ging damit auf die Reise. Das war kein einfacher Tag für Walter Fuchs. Viele Erinnerungen und natürlich auch ein wenig Stolz auf das Geleistete waren mit der Übergabeaktion verbunden.
„Nun ist das Kapitel Archäologie in Auenheim erst mal abgeschlossen“, sagte Walter Fuchs danach. Im Heimatgruß 2009 berichtete er ausführlich über den Arbeitskreis und konnte damals feststellen, dass durch dessen Tätigkeit die Gegend um Kehl das archäologisch am besten erforschte Gebiet der Ortenau ist. Somit sei der Arbeitskreis in unserem Landkreis als Vorbild anzusehen. Wenn es in jüngster Zeit noch Arbeitskreis-Treffen gegeben hat,
so war es allein seiner Initiative zu verdanken. Das Interesse an der
Archäologie und die Zeit und Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen,
fehle vor allem bei jüngeren Leuten, bedauerte er.
In Gesprächen mit Walter Fuchs kommt bei ihm selbst immer wieder die Frage auf, wie er das alles geschafft hat. Eigentlich reicht das „für ein paar Leben“, meinte er einmal. Es war ihm sehr wichtig, alles in bester Ordnung zurückzulassen, so lange es seine Gesundheit noch zuließ, und vor allem die Funde gut aufbewahrt zu wissen.
Auch wir vom Heimatbund haben ihm natürlich versprochen, die Schätze gut zu hüten. So fühlt er sich nun im hohen Alter, das auch für ihn so manche Beschwerden mit sich bringt, trotz der Wehmut befreit und ist froh, alles an seinem Platz zu wissen.
Am 11. März 2017 konnte Walter Fuchs seinen 90. Geburtstag feiern. In einer kleinen, aber fröhlichen Runde konnten wir mit ihm anstoßen, ihm herzlich gratulieren und alles Gute und natürlich viel Gesundheit wünschen.
Marianne Schwing
VON Kurt Honauer
Jetzt, da ich diese Erinnerung an die 1960-er Jahre schreibe, ist Vor- weihnachtszeit. In diesen Wochen wurden in den Haushalten damals wie heute „Zuckerbredle“ für das Fest gebacken. Das war an einigen Tagen die Arbeit der Hausfrau, der Omas und des weiblichem Nachwuchses. Waren nach dem Backen die verschiedenen Sorten erkaltet, durften alle Kostproben von den verschiedenen Sorten nehmen - auch die Ehemänner, Opas und Söhne. Nach dieser kleinen Zeremonie hat die Hausfrau das Gebäck in einer großen Blechschachtel mit Deckel an einem „sicheren“ Platz im Haus verwahrt.
Aber oft schrumpfte der Bestand in der „Zuckerbredelsschachtel“ bis Heiligabend zusammen, was der Mutter, als sie die Schachtel öffnete, zuerst Leichenblässe und dann Zornesröte ins Gesicht trieb. Findige Kinder, Ehemänner und Opas hatten das Versteck gefunden. Jeder hatte vielleicht täglich „nur“ zwei oder drei „Bredle“ aus der Schachtel stibitzt, aber unterm Strich war der Verlust erheblich.
In vielen Haushalten ist es so oder ähnlich geschehen. Eine Cousine meiner Mutter – im Dorf war sie als „d’klään Less“ bekannt – hat dies in vielen Jahren leidvoll erfahren. Wie es ihr damals ergangen ist, hat „d‘ klään Less“ oft wörtlich erzählt:
Ihr Sohn Alfred war im Kieswerk in Auenheim als Kranführer beschäftigt. Zum Mittagessen kam er regelmäßig nach Hause, hatte auch einen guten Appetit, eine Bestätigung für die Mutter, dass sie gut kochte. Bevor er morgens zur Arbeit ins Kieswerk fuhr, stieg er auf den Heustall und warf durch das Heuloch Heu in den Stall darunter, damit die Mutter vor dem Viehfüttern nicht auf die Leiter steigen musste. Die Heugabel stieß er dabei tief in das Heu – und eines Tages traf er dabei auf einen blechernen Gegenstand.
Fortan fiel der Mutter auf, dass Alfred seinen Teller mittags nie leer aß. Sie machte sich darum Sorgen: „Ist dir nicht gut oder schmeckt das Essen nicht mehr?“ Alfred konnte oder wollte das nicht erklären. Und als d’ klään Less an Heiligabend die Schachtel vom Heustall holte, war sie fast leer. Alfred gab schließlich kleinlaut zu, dass er jeden Morgen beim Heuabwerfen ein paar „Bredle“ links und rechts in die Taschen seines blauen Arbeitskittels gesteckt hatte und sich an diesem Vorrat während der Arbeit im Kieswerk gütlich tat. Verständlich, dass er zur Mittagszeit da weniger Hunger mit nach Hause brachte.
„Verzweifelt hatte ich in jenem Jahr überlegt, wo ich die Zuckerbredle verstecken könnte, denn Alfred hatte die Schachtel jedes Jahr gefunden – egal, wo ich sie versteckt hatte, mal unterm Bett, mal im Kleiderschrank und an vielen anderen Plätzen. Da war mir die Idee gekommen, die Schachtel auf dem Heustall unter dem Heu in Sicherheit zu bringen. Da, so war ich überzeugt, würde der Alfred sie sicher nicht finden. Nun musste ich einsehen, dass die Idee doch nicht so gut gewesen war. Wenn auch nur aus Zufall, er hatte die Zuckerbredelsschachtel wieder gefunden.“
Von Marianne Schwing
Als im Jahr 1985 der Heimatbund gegründet wurde und man beschloss, eine Trachtengruppe ins Leben zu rufen, war das Tragen und Pflegen der Tracht schon lange kein Thema mehr in Auenheim. Vor allem die Festtagstracht war nach dem 2. Weltkrieg vollständig aus dem Alltagsleben verschwunden. Vereinzelt sah man bis in die 1970-er Jahre noch Frauen mit der Kirchentracht.
Wie in den meisten Gegenden wurde die Tracht auch im Hanauerland nur durch entsprechende Vereine noch getragen und gepflegt.
So war es für Bernhard und Bianka Honauer, die die Volkstanz- und Trachtengruppe damals auf den Weg brachten, ein sehr schwieriges Unterfangen, original erhaltene Trachtenteile und das entsprechende Wissen dazu aufzutreiben. Dazu gehörten Kenntnisse über Stoffarten, Spitzen, Bänder, Knöpfe, den Schnitt usw. Wie und wo konnte man die Materialien und Anleitungen beschaffen? Welche Regeln gelten für das Anlegen und Tragen? Doch mit Unterstützung einiger älterer Auenheimerinnen und Auenheimer, die zum Teil noch originale Trachten besaßen, gelang es, neue Trachten anzufertigen. Hilfestellung gaben auch befreundete
Vereine und der Bund Heimat und Volksleben mit der Trachtenberatung durch Frau Siebler-Ferry.
Wie schwierig es war, manche Materialien zu beschaffen, sei an einem Beispiel verdeutlicht: Die Pelzkappe der Männer war früher aus Iltisfell gefertigt. Das war nicht aufzutreiben, so musste man eine Alternative suchen.
Peter Heidt, dessen Vater eine Fischzucht besaß, war entsprechend oft im Rheinwald unterwegs. Er schlug vor, Bisamratten zu fangen und deren Fell für die Kappen zu verwenden. Es sei von ähnlicher Beschaffenheit wie das Iltisfell.
So fing er eine ganze Anzahl der Tiere, die Felle wurden bei der Firma Trautwein in Schiltach gegerbt und die Firma Withum in Achern stellte dann aus 4 bis 5 Fellen eine Kappe her. So wird deutlich, wie viel Arbeit es war, die Tracht zu rekonstruieren, wenn schon für ein Detail so viele Wege gemacht werden mussten. Für dieses Engagement, ohne das es in Auenheim keine Trachtengruppe gäbe, sei Bianka und Bernhard Honauer an dieser Stelle nochmals ausdrücklich gedankt.
Mittlerweile ist es für die Gruppe zur Gewohnheit geworden, zu den verschiedenen Auftritten und festlichen Anlässen die Tracht anzulegen und wir sind stolz, unser Dorf in der näheren und weiteren Umgebung immer wieder so repräsentieren zu dürfen. Es ist keineswegs langweilig und altbacken, Tracht zu tragen. Zum Glück hat sich die Einstellung zur Erhaltung von Tradition und Brauchtum in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt und wir tragen stolz und mit Freude die heimische Tracht.
Das Verbreitungsgebiet unserer Hanauer Tracht ist relativ klein und erstreckt sich längs des Rheins von Lichtenau im Norden bis Eckartsweier im Süden und Sand im Osten. Ähnlichkeiten mit der Hanauer Tracht findet man noch in den linksrheinischen elsässischen Dörfern, die auch zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg gehörten. Die Grundform ist in allen Dörfern gleich. Kleine Unterschiede, wie die Art und das Anlegen der Tücher, das Tragen von langen Hosen oder Kniebundhosen, das Tragen der Kappe und einiges mehr gibt es dennoch. Die Tracht war trotz der gleichen Grundform immer ein individuelles Kleidungsstück, da unterschiedliche Stoffmuster, Spitzen und dergleichen verwendet wurden.
Man kennt zwei Trachtenformen, eine für die ledigen Männer und Frauen, und die Tracht der verheirateten Trägerinnen und Träger.
Die Festtagstracht der unverheirateten Frauen ist wesentlich farbenfroher gehalten und wird bis zur Hochzeit getragen. Sie besteht aus einem plissierten Rock aus schwarzem Tuch oder schwarz gefärbtem Leinen. Um die Falten dauerhaft zu machen, wurde früher der Stoff mit Hilfe von Brettchen gepresst. Deshalb sprach man auch von „gebrettelten Kutten“. An den Rock wird ein kurzes, aus farbigem Seidenstoff gefertigtes und mit prächtiger Borte besetztes Mieder genäht. Dies ist vorne mit Häkchen verschlossen oder wird geschnürt. Darunter dürfen die weißen langen mit Spitzen und Biesen versehenen Unterhosen und ein Unterrock aus rotem Stoff oder weißem ebenso spitzenverziertem Leinen nicht fehlen.
Da das Mieder nur mit Trägern versehen ist, bedeckt die Schultern ein farbiges, sogenanntes Mailänder Halstuch mit schönen, geknüpften Fransen, das um den Hals gelegt und hinten verknotet wird. Früher wurde darunter noch ein kleines, weißes Spitzentuch, das Fichu, getragen.
Aus dem Mieder schauen die Puffärmel der Bluse hervor. Die weiten Ärmel werden am Abschluss in viele Fältchen gelegt, diese mit Zackenlitze besetzt und der Rand wird mit Häkel- oder Klöppelspitze verziert. Über dem Ellbogen werden die Ärmel mit mehreren angenähten Bindebändchen gebunden.
Vervollständigt wird die Tracht mit einer weißen, leinenen Schürze, die mit vielen Biesen und Spitzeneinsätzen verziert ist. Diese Spitzen werden oft von den Trägerinnen selbst angefertigt. Die langen Schürzenbänder werden vorne zur Schleife gebunden.
Das Haar flochten die Unverheirateten zu langen Zöpfen, die man mit eingeflochtenen Bändern und einer Schleife als Abschluss schmückte. Zur Kirchentracht und von den verheirateten Frauen wurde das Haar zu einem Dutt am Hinterkopf zusammengesteckt. Zur Tracht gehören weiße gestrickte Strümpfe und schwarze ausgeschnittene Schuhe.
Unverkennbares Markenzeichen beider Frauentrachten ist der sogenannte Kappenschlupf. Dieser besteht aus einem schwarzen, langen und breiten Seidenband, das mit ummanteltem Spezialdraht zu einem flügelartigen Schlupf gebunden wird. Befestigt ist dieser auf der eigentlichen Kappe aus Seide, die reich mit gold- oder silberfarbenen Pailletten und Perlen bestickt ist. An den Enden des Bandes und somit an der Außenseite des Schlupfes befinden sich etwa 10 cm lange Fransen, die aus dem Seidenband ausgezogen werden.
An der Farbe des Käppchens erkennt man den Stand der Trägerin. Das weiße bzw. silberne Käppchen trägt die Braut. Weiß-bunt sind die Käppchen aller anderen Frauen (Bild links). Schwarz trägt, wer in Trauer ist (Bild rechts). Zur Teilnahme an einer Beerdigung oder einem sonstigen Trauer-Anlass wurde ein helles Käppchen mit einem schwarzen Stoff-Käppchen abgedeckt.
Die Tracht der verheirateten Frauen wird auch Kirchentracht genannt, weil man sie üblicherweise beim Kirchgang trug. Dies war zum ersten Mal bei der Konfirmation der Fall. So ist die Kirchentracht also nicht ausschließlich den verheirateten Frauen vorbehalten.
Praktisch jede Frau besaß eine Kirchentracht und es war diese Form, die man am längsten bei feierlichen Anlässen antreffen konnte.
Die Kirchentracht besteht aus einem sogenannten Kirchenrock, ein Kleid aus schwarzem, hochwertigem Stoff. Der weite Rock ist in Kellerfalten gelegt und das langärmelige Oberteil des Kleides wird vorne meist mit Häkchen verschlossen. Den Aus- schnitt bedeckt ein schwarzer, austauschbarer Spitzeneinsatz mit Stehkragen. Meist wurde an den Rocksaum eine Besenlitze angenäht. Ein Kleid in gedeckten Farben wie dunkelblau, -grün, -braun oder violett, nannte man in Auenheim auch den „Zitte-Rock“.
Dieser wurde zu den Festzeiten
(„Fescht-Zitte“, daher „Zitte-
Rock“) getragen, wie Ostern,
Stolz jeder Frau sind die schönen schwarzen Fransen-Halstücher und Schürzen, die zur Kirchentracht und zum „Zitte-Rock“ gehörten. In jedem Haushalt gab es eine Kollektion verschiedener Tücher und Schürzen, die je nach Anlass und Witterung ausgewählt wurden.
Zu den festlichsten Anlässen (z. B. der Kirchgang am Karfreitag) trägt man das seidene, gemusterte (oder „gewässerte“), das samtene oder das „tüllene“ Halstuch. Dies ist aus Spitzentüll gefertigt. Einfachere seidene oder wollene Tücher oder auch solche aus Chenille trägt man an den gewöhnlichen Sonntagen. Das dreieckige Tuch wird um die Schultern gelegt, über der Brust gekreuzt und im Rücken gebunden.
Passend dazu wird die Schürze aus den gleichen Materialien ausgewählt. Es gibt eine unglaubliche Mustervielfalt, vor allem bei den gemusterten Seidentüchern und -schürzen. Natürlich wird auch diese Tracht mit dem Kappenschlupf (hier auch Kirchekapp genannt) vervollständigt.
Die jungen Burschen trugen manchmal auch weiße Leinenhosen. Dazu gehören weiße, gestrickte Strümpfe und schwarze Leder-halbschuhe.
Das weiße Leinenhemd wird mit einem schwarzseidenen Halsbinder verschlossen. Das Hemd ist beider- seits der kurzen Knopfleiste mit Biesen geschmückt und hat weite, in Fältchen gelegte Ärmel. Darüber trägt der Mann ein rotes Brusttuch aus filzartigem Stoff, das mit gelb- schwarzer Seidenborte eingefasst und verziert ist und an der Seite mit Häkchen geschlossen wird. Die Träger des Brusttuchs sind im Rücken gekreuzt. Manchmal finden sich auf der Vorderseite auch gestickte Verzierungen mit Initialen und Jahreszahlen.
Über diesem Brusttuch werden die kunstvoll bestickten, ledernen Hosenträger getragen. Dies sind oft wahre Kunstwerke, die schönen Muster aus farbigen Garnen und Perlen werden auf schwarzem Samt gestickt und mit einer grünen Borte eingefasst.
Die Burschen und Männer tragen unabhängig vom Stand fast dieselbe Tracht. Einzige Unterscheidung ist die Jacke bzw.
der Mantel.
Die ledigen Burschen tragen eine weiße, kurze, kragenlose Jacke mit goldfarbigen Knöpfen (Bild links). Genäht wurden die Jacken aus Pikee, einem baumwollenen Gewebe mit abwechselnd erhöhten und vertieften Stellen. Die älteren und verheirateten Männer tragen einen schwarzen, oft weiß gefütterten Mantel, auch „Wadenkitzler“ genannt. Er wird nur am Hals mit einem Häkchen verschlossen.
Darunter tragen die Männer eine schwarze, lange Hose oder eine Kniebundhose (früher auch aus Leder) mit charakteristischem Latzverschluss. An Festtagen wurden die Kniebundhosen unter dem Knie mit einem meist roten Band gebunden.
Die charakteristische Kopfbedeckung der Hanauer Männer ist die
Pelzkappe aus Iltis- oder Marderfell (heute in Auenheim Bisamrattenfell,
s. o.) mit einem grünen Samtboden und goldenem Quästchen.
Von
Dorf zu Dorf unterschiedlich ist die Art, die Kappe zu
tragen. In Auenheim trägt man das höhere Teil auf der linken
Seite. In manchen Dörfern tragen die älteren Männer einen
schwarzen, breitkrempigen Hut.
Eine Besonderheit gibt es in Auenheim. Das Dorf ist ein Fischerdorf mit einer sehr langen Tradition und die Fischer trugen ihre eigene Tracht. Sie vertauschten den schwarzen Mantel mit einer weißen langen Jacke aus robustem weißem Leinenstoff und trugen einen schwarzen, flachen Hut mit Krempe dazu.
In unserer Sammlung findet sich eine weitere Besonderheit, die zur Tracht gehört: Weiße, kleine Halbschürzen, die mit rotem Garn bestickt sind. Neben floralen und Tiermotiven findet man eine Jahreszahl und den Namen des männlichen (!) Besitzers. Außer dass es sogenannte Tanzschürzen oder „Danz-Verti“ sind, konnte uns niemand sagen, weshalb ein Mann zum Tanzen eine Schürze trug.
Ein Blick über den Rhein könnte uns eine Erklärung liefern: In einigen Trachtengruppen tanzen Männer in Rekrutentracht (Conscrits). Zu weißen Hemden und Hosen werden die Tanzschürzen und der Rekrutenhut getragen, reich verziert mit Blüten, Früchten, Federn, der Landesflagge und einer ganzen Anzahl von bunten Bändern, die Geschenke der mehr oder weniger zahlreichen weiblichen Eroberungen sind. Die Jahreszahl auf der Tanzschürze ist im Elsass das Geburtsdatum und/oder das Jahr des 20. Geburtstages des Trägers. In diesem Alter wurde man früher gemustert.
Es gibt von Auenheim einige Rekrutenbilder, aber auf keinem findet sich diese Schürze. Vermutlich wurde dieser Brauch bei uns viel früher als im Elsass aufgegeben oder die Schürze wurde nur bei dem der Musterung folgenden abendlichen Tanzvergnügen getragen. Geblieben sind aber die bändergeschmückten und verzierten Hüte, wie sie die „Spielbuebe“, wie die frisch gemusterten Rekruten bei uns heißen, bis in die heutige Zeit trugen, zumindest so lange es eine Wehrpflicht und somit eine regelmäßige Musterung der jungen Männer gab.
Der Fortschritt der Zeit hat bereits vor 80 bis 100 Jahren dazu geführt, dass auch bei den Trachten moderne Stoffe verwendet wurden. So sind viele auch aus dieser Zeit erhaltene weiße Trachtenteile bereits aus Baumwolle und nicht mehr aus Leinen. Zur Zeit der Hausweberei im 18. und 19. Jahrhundert wurde das Leinen selbst hergestellt. Mit Beginn der Industrialisierung hatte auch die einfache Bevölkerung besseren Zugang zu anderen Materialien.
Dass man damit aber sparsam umging, erkennt man zum Beispiel an der Verarbeitung der Trachtenblusen. Da nur die Puffärmel sichtbar waren, arbeitete man diese aus feinstem Baumwoll- oder Leinenstoff, der Rest war relativ grobes, selbstgemachtes Leinen.
Heute werden die weißen, neuen Trachtenteile fast ausschließlich aus Baumwolle hergestellt. Für andere Trachtenteile wie die bestickten Käppchen findet sich jedoch kein Ersatz mehr und wir sind auf unsere über 100 Jahre alten historischen Stücke angewiesen.
Seidenstoffe zum Beispiel werden häufig durch Kunstfasern ersetzt, um die Trachtenteile erschwinglich und „pflegeleicht“ zu machen. So entwickelt sich auch in diesen Belangen unsere Tracht weiter und es ist auch eine Aufgabe der Vereine, darüber zu wachen, dass möglichst viel von der Originalität und Individualität der Trachten erhalten bleibt und nicht wegrationalisiert wird. Denn bestimmt wird es auch in 100 Jahren Menschen geben, die dankbar sind, die historische Kleidung ihrer Ahnen so tragen zu können wie sie tatsächlich auch war.
Quellennachweis:
Auenheim, Aus der Geschichte eines Dorfes am Oberrhein, S. 417ff. Josef Bader, Badische Volkssitten und Trachten, Kunstverlag Karlsruhe, 1843
Bis zum 27. November 2016 ist im Hanauer Museum Kehl die Ausstellung „Zwischenzeit: Kehl 1944 – 1953“ zu sehen. Für deren Konzeption dienten viele Zeitzeugenberich- te als wertvolle Quellen.
Einer dieser Zeitzeugen ist Walter Fuchs, der die Ereignisse damals als Jugendlicher miterlebte. Bereits 1997 wurden seine Berichte in dem Buch „Kehl im Dritten Reich“ veröffentlicht, das von dem damaligen Museumsleiter Hartmut Stüwe konzipiert wurde. Wir nehmen die Kehler Ausstellung zum Anlass, die Texte nun auch den Lesern des „Heimatgrußes“ zugänglich zu machen.
Am Morgen des 23. November 1944 gingen wir wie gewohnt zur Arbeit. Ich wohnte in Auenheim und arbeitete in Kehl in der kleinen Sattlerei August Dinger, die Lederausrüstungen für die Wehrmacht herstellte.
Schon einige Tage zuvor war das entfernte Grollen einer Schlacht zu vernehmen. Der Wehrmachtsbericht meldete Kämpfe in den Vogesen. Im Laufe des Morgens verstärkte sich der Gefechtsalarm und gegen 10 Uhr kam der völlig verstörte Meister in die Werkstatt in der Kasernenstraße mit der Nachricht, die feindlichen Panzer seien schon in Straßburg. Da er in der Nähe des Rheins wohnte und mit dem Schlimmsten rechnete, wollte er sich und seine Familie in Sicherheit bringen.
Aus meiner Absicht, mit der Lokalbahn nach Auenheim zu fahren, wurde nichts, weil der Zugverkehr eingestellt worden war. Also machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Unterwegs berichtete mir eine Frau, die nach Rheinbischofsheim wollte, sie habe im letzten Moment aus Straß- burg flüchten können, wo man aus Kellern auf flüchtende Zivilisten geschossen habe.
Auch zu Hause im Dorf war die Verwirrung und Unsicherheit groß. Der zunehmende Gefechtsalarm war nicht zu überhören. Man musste sich mit dem schrecklichen Gedanken vertraut machen, ein zweites Mal in diesem Krieg flüchten zu müssen.
Anders als bei der bis ins kleinsten organisierten Evakuierung 1939, bei der die Ortsverwaltung den Auenheimern Quartiere in Nussbach und Umgebung zugewiesen hatte, waren wir auf den jetzt eingetretenen Notstand nicht vorbereitet. Die Ortsverwaltung empfahl, wenn möglich, wieder dieselben Quartiere aufzusuchen. Jeder war auf sich allein gestellt.
Unsere Großmutter wollte sich mit meiner kleinen Schwester bei ihrer Tochter in Lahr in Sicherheit bringen. Ein Leiterwägelchen wurde mit einigen Wertsachen und Lebensmitteln beladen. Wir Buben, mein Bruder und ich, sollten sie auf dem langen Fußmarsch begleiten. Der Bericht eines Feldwebels, dass die Kinzigbrücken unter Artilleriebeschuss lägen und es dort schon Tote und Verwundete gegeben habe, machte diesen Fluchtversuch jedoch zunichte.
Tags darauf zogen wir das Leiterwägelchen nach Zierolshofen, wo wir einige Tage bei Verwandten unterkamen. Meine Mutter und ich - der Vater war im Krieg - fuhren mit den Rädern jeden Morgen nach Auenheim, weil ja das Vieh versorgt werden musste.
In diesen Tagen lebten wir zum letzten Mal für viele Jahre in „Saus und Braus". Zwei fette Gänse mussten ihr Leben lassen. Und das Schwein, das wir hielten, wurde kurzerhand schwarzgeschlachtet. Das war natürlich streng verboten, aber in diesem Durcheinander kümmerte das niemanden. Ein Soldat, Metzger von Beruf, der in einem nahen Westwallbunker stationiert war, schlachtete es. Dass dieser unsere Notlage ausnutzte und die besten Stücke für sich und seine Kameraden mitnahm, ärgerte uns nicht wenig. Das sonst übliche Konservieren von Wurst und Fleisch war unter den gegebenen Umständen nicht möglich, ebenso wenig das Räuchern der Speckseiten, was uns in den folgenden Monaten den Speiseplan aufgebessert hätte.
Die täglichen Fahrten von Zierolshofen nach Auenheim wurden durch Artilleriebeschuss und Tiefflieger immer gefährlicher. Nun mussten auch wir mit unserem Vieh in Nussbach ein Unterkommen suchen.
Eines Nachts spannten wir unsere Kuh vor den mit allerhand Habseligkeiten und Futtervorräten beladenen Wagen. Am späten Nachmittag kamen wir an und bekamen ein Quartier zugewiesen. Eine Witfrau mit zwei Kindern nahm uns freundlich auf - aber unsere Unterkunft für viele Wochen und fünf Personen war nur ein kleiner feuchter Raum, zwischen Stall und Küche. Die Matratzen lagen auf der Erde.
Jetzt fuhren wir oft mit dem Fahrrad nach Auenheim und kehrten abends schwer beladen wieder nach Nussbach zurück. Nicht nur Artillerie und Tiefflieger machten uns das Leben schwer, sondern auch schlechte Straßen und abgefahrene Bereifung, für die es schon seit Jahren keinen Ersatz gab. Ein „Platter" auf freiem Gelände beim Legelshurster Wald brachte mich fast zur Verzweiflung. Ein poröser Schlauch auf dem Hinterrad und Löcher im Fahrradmantel machten das „Darüberwürgen“ eines zweiten Mantels unumgänglich, was beim Flicken - unterwegs und ohne Werkzeug - keine geringe Geduldsprobe darstellte.
Ich war aber nicht auf Dauer evakuiert, wie das folgende Kapitel zeigt.
In den frontnahen Dörfern wie Auenheim wurden nach dem fluchtartigen Wegzug der Bevölkerung Feuerwachen eingerichtet. Diese Aufgabe mussten ältere Männer und Jugendliche übernehmen, die wie ich noch nicht zur Wehrmacht eingezogen waren.
Stützpunkt und Quartier für unsere Wehr war ein Westwallbunker beim damaligen Dreschschopf am Ortsausgang Richtung Bodersweier. Die Wachmannschaften wurden wöchentlich ausgewechselt.
Unsere Hauptaufgabe bestand darin, Brände, die durch den Beschuss feindlicher Artillerie entstanden, schnell zu löschen und die Ausbreitung des Feuers auf andere Gebäude zu verhindern. Durch den Einsatz der Feuerwachen konnten in Auenheim mehrere Häuser, die durch Beschuss mit Phosphorgranaten in Brand geraten waren, gerettet werden.
Nachts patrouillierten zwei Wehrmänner, die alle zwei Stunden abgelöst wurden, durch die Dorfstraßen. Zu ihrer Sicherheit trugen sie das einzige Gewehr, das der Feuerwache zur Verfügung stand.
Ein Einsatz ist mir gut in Erinnerung geblieben. Eine Brandgranate hatte in einem Ökonomiegebäude in der heutigen Jägerstraße eingeschlagen. In den Heu- und Strohvorräten fanden die Flammen reichlich Nahrung, so dass nach kurzer Zeit auch der Dachstuhl brannte. Es gelang uns, das Feuer niederzuhalten und das angebaute Wohnhaus zu retten. Im Heu hatten sich Glutnester gebildet, denen trotz hohen Wassereinsatzes kaum beizukommen war.
Die Rettungsaktionen waren nicht ungefährlich, weil die feindliche Artillerie den Brandgranaten oft Sprenggranaten folgen ließ. Zudem war die Brandstelle von der gegenüberliegenden Rheinseite einzusehen. Hin und wieder wurde das Dorf auch mit Maschinengewehrfeuer beschossen.
Während dieses Löscheinsatzes erlebten wir - vom Heustock aus gut zu beobachten - ein Feuerwerk besonderer Art. Die französische Artillerie hatte sich auf das Rheinwärterhaus eingeschossen. Abwechselnd folgte einer Lage Brandgranaten eine Lage Sprenggranaten, so dass das Gebäude nach kurzer Zeit in Flammen stand.
Beim nächtlichen Kontrollgang durch das Dorf, bei dem auch die Brandstelle vom Vortag inspiziert werden musste, stellten mein Kollege (ein älterer, fast gehörloser Malermeister) und ich fest, dass in einer Ecke oben auf dem Heustock kleine Flammen durch das tropfnasse Heu loderten. Mit einigen Eimern Wasser verhinderten wir das Ausbreiten des Feuers. Am anderen Morgen mussten wir den gesamten Heuvorrat vom Heustock in die Scheune werfen, um den letzten Glutnestern beikommen zu können.
Eines Tages erhielten wir jüngeren Mitglieder der Feuerwache von der Auenheimer Ortsverwaltung, die auch nach Nussbach umgezogen war, den Auftrag, Brennholz zu verladen. Dabei gerieten wir in einen Feuerüberfall der französischen Artillerie. Nach einem kurzen Zischen schlugen rings um das Rathaus Granaten ein. Wir ließen unsere Fahrräder fallen und brachten uns im Rathauskeller in Sicherheit.
Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, verließen wir fluchtartig den ungastlichen Ort. Einige Häuser und das Kirchendach hatten Treffer erhalten.
Noch am selben Abend erreichte uns aus Nussbach die Nachricht, dass die damalige Hechten-Wirtin Elise Egeler nicht wie vorgesehen aus Auenheim zurückgekommen sei. Mit Lampen suchten wir nach ihr und fanden sie halb verschüttet tot im Hinterhof des Gasthofes. Sie war ein Opfer des Feuerüberfalls vom Nachmittag geworden.
Auch der Tod des Landwirts Johann Jakob Schwing machte uns in grässlicher Weise die Schrecken des Krieges bewusst. Als er mit dem Pferdefuhrwerk aus Auenheim Nachschub nach Nussbach holen wollte, geriet er am Ortseingang im Mühlweg in Artilleriefeuer. Ein Granatsplitter zerfetzte sein Gesicht und richtete ihn grauenvoll zu. Auch das Pferd musste sein Leben lassen.
Der Auenheimerin Karolina Keck riss ein Granatsplitter einen Arm ab, als sie in ihrem Garten Gemüse holen wollte. Und dies zu einer Zeit, als es in Auenheim weder einen Arzt noch ein Kraftfahrzeug oder eine Telefonverbindung nach außerhalb gab. Eine ärztliche Versorgung wurde ihr erst in Bad Peterstal zuteil. Bis dahin musste ein Notverband aushelfen.
Einmal mussten wir uns als Totengräber betätigen. Ein Landwirt brachte den Sarg mit seinem in Nussbach verstorbenen Vater mit dem Pferdefuhrwerk nach Auenheim, stellte ihn kurzerhand auf dem Friedhof ab und fuhr fluchtartig davon. Zur Beerdigung kamen weder ein Pfarrer noch Verwandte. Als wir den Verstorbenen zur Erde brachten, faltete der Führer unserer Gruppe, Friedrich Clemens - Landwirt. Gemeinderat und alter Parteigenosse - seine Hände und betete mit seiner knorrigen Stimme, die laut über den menschenleeren Friedhof schallte, ein Vaterunser. Ein denkwürdiger Augenblick, der auch uns junge Menschen seltsam berührte und nachdenklich machte.
Die Zeit zwischen den Einsätzen als Feuerwache verbrachte ich mit einem Freund in unserem elterlichen Haus in Auenheim. In dem menschenleeren Dorf erfreuten wir uns einer grenzenlosen Freiheit. Das Lehen ohne Wasser aus der Leitung und ohne elektrischen Strom belastete uns nicht. Unser jugendlicher Leichtsinn wurde auch nicht gebremst, als unser Haus zwei Artillerietreffer erhielt.
Jeder Tag war ein Erlebnis. An einem klaren Wintertag zum Beispiel herrschte um die Mittagszeit eine eigenartige Stimmung. Die Luft schien zu vibrieren. Als wir ins Freie liefen, entdeckten wir weit im Westen einen Pulk viermotoriger Bomber. Durch das Fernglas - das in diesen Tagen mein ständiger Begleiter war - sahen wir, dass rechts und links, zuerst nur als glitzernde Wolken erkennbar, weitere Schwärme im Anflug waren.
Die Luft dröhnte und die Fensterscheiben zitterten von den schweren Flugzeugmotoren, als Pulk um Pulk, völlig unbehelligt in Richtung Osten über uns hinwegflog. Eine solche Masse feindlicher Bomberverbände, es waren Hunderte von Flugzeugen, hatten wir bis dahin noch nicht erlebt. Ergriffen von dem Erlebnis, das uns zeitlebens in Erinnerung bleiben wird, dachten wir auch an die vielen tausend Menschen einer wahrscheinlich größeren Stadt wie Stuttgart, Mannheim oder Karlsruhe, denen dieser Angriff gelten würde und von denen viele nur noch kurze Zeit zu leben hätten.
Die beschriebene ,,grenzenlose Freiheit“ nahm Ende März 1945 ein plötzliches Ende, als mich der Auenheimer Ortsdiener aufstöberte und mir den Gestellungsbefehl überreichte.
Am l. April 1945 wurde ich zur Wehrmacht nach Villingen eingezogen. Nun mussten meine Mutter und der jüngere Bruder die ganze Last und Verantwortung tragen.
Zwei Wochen danach besetzten die Franzosen Nussbach. Jetzt schossen deutsche Geschütze in den Ort. Es gab Tote und Verwundete. Auch eine Frau aus Auenheim kam dabei ums Leben. In diesen Tagen waren Raub und Plünderungen von Seiten der Franzosen an der Tagesordnung, auch wurden Frauen vergewaltigt. Jugendliche, die sich auf Anordnung des französischen Kommandanten auf dem Rathaus melden mussten, hat man gleich nach Frankreich abtransportiert. Manche waren noch keine fünfzehn Jahre alt und kamen erst nach einigen Jahren wieder heim.
Die Auenheimer wollten jetzt so schnell wie möglich nach Hause. Durch die Truppenbewegungen war dies beschwerlich und vor allem für Frauen nicht ungefährlich.
Meine Familie erlebte bei ihrer Heimkunft - wie viele andere auch - eine böse Überraschung. Nordafrikanische Soldaten hatten die Haustür aufgebrochen und die Wohnung geplündert, Fenster und Türen eingeschlagen, den Küchenschrank umgeworfen und das Geschirr zerschlagen. Die Schränke waren ausgeräumt, Schubladen ausgekippt und die Matratzen weggeschleppt.
Doch die Familie war wieder zu Hause. Das Haus stand noch, auch wenn es von zwei Granaten getroffen war. Die Fenster wurden mit Pappe zugenagelt. So gut wie möglich richtete man sich wieder ein.
Ich hatte Glück und wurde nach kurzer Gefangenschaft im Allgäu im Mai 1945 nach Hause entlassen.
Von Karl Britz
Der „Heimatgruß 2014/15" mit dem Straßburger Münster auf dem Titelbild - das hat einen besonderen und aktuellen Grund. Seit Jahrhunderten ist Auenheims Schicksal mit dem der Stadt Straßburg eng verbunden. Man könnte von einer Symbiose sprechen. In mehreren Aufsätzen wurde dies in der Vergangenheit beschrieben. Die ältesten Zeugnisse sind wohl die römischen Bodenfunde, über die uns vor allem Walter Fuchs immer wieder berichtet hat. Die Nähe zum Römerlager Argentoratum (heute Straßburg) und die Lage an der Verbindungsstraße nach Aquae (heute Baden-Baden) sorgten vor 1800 bis 2000 Jahren für manche Hinterlassenschaften, freilich zumeist in Scherbenform.
Im Mittelalter, vor etwa 1000 Jahren, war Auenheim im Besitz des Marienklosters Straßburg. Vor 800 Jahren wird im Straßburger Urkundenbuch erwähnt, dass Auenheim durch die Fischerei wohlhabend und berühmt gewesen sei. Sehr häufig hatten die Auenheimer mit Straßburg zu tun, als Regelungen über die Fischereirechte getroffen werden mussten. Dies spiegelt sich in Verträgen und Urkunden, aber auch in Dokumenten über gegenseitige Beschwerden und Streitigkeiten, die teilweise gerichtlich ausgetragen wurden. Die Vorgänge lassen sich ab 1452 über mehrere Jahrhunderte hinweg verfolgen. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, das ist fast 400 Jahre her, sind Grenzstreitigkeiten zwischen Straßburg und Auenheim aktenkundig. Auch die Fischerzunft Auenheim ist im Besitz mehrerer Originaldokumente.
Nachdem 1871 Teile Lothringens und das Elsass mit Straßburg zum deutschen „Reichsland Elsass-Lothringen" geworden waren, vertieften sich die Beziehungen erheblich. Auenheimer fanden Arbeitsplätze in Straßburg, priesen ihre Produkte dort auf den Märkten an. So sollen auch (die legendären) Auenheimer Gänse in großer Zahl gestopft und in Straßburg wegen ihrer begehrten Leber abgesetzt worden sein. An Sonn- und Feiertagen kamen die Straßburger Pferdekutschen und man kehrte in den Gastwirtschaften ein.
Ein Festungsgürtel mit 12 Forts rund um die Stadt Straßburg wurde geschaffen. Auenheim wurde Standort des Forts Blumenthal. Nach zwei weiteren entsetzlichen Kriegen überwanden die Nachbarn am Rhein ihre sogenannte Erbfeindschaft. Der Strom hat heute seine Grenzfunktion weitgehend verloren.
Nun feiert Straßburg ein 1000-jähriges Jubiläum: Im Jahre 1015 wurde der Grundstein für das Münster gelegt. Aber es dauerte danach noch mehr als 400 Jahre, bis man von Auenheim aus den Münsterturm so wahrnehmen konnte wie heute und wie er auf unserem Titelbild dargestellt ist. Glücklicherweise überstand der Turm alle Kriegswirren ebenso wie die Französische Revolution, als ihm kurzzeitig der Abriss bis auf die Plattform drohte.
Aus Anlass des Münster-Jubiläums ist Ingomar Hartmann auf die Krems des Auenheimer Kirchturms gestiegen und hat von dort das Titelbild für dieses Heft aufgenommen. Damit zollen wir dem weltberühmten Straßburger Bauwerk unseren Respekt. Diesem Blickfang verdankt auch eine Auenheimer Straße ihren Namen. Es ist die Turmstraße, die vor der Eingemeindung nach Kehl Münsterstraße hieß. Seit wenigen Jahren gibt es noch einen anderen günstigen Aussichtspunkt. Es ist die Krone des aus Schlacke errichteten festungsartigen Lärmschutzdamms zwischen der Neudorfstraße und den Badischen Stahlwerken. Da blickt man auf die Silhouette von Straßburg, dominiert vom Münster, man erkennt aber auch das Langhaus mit der oktogonalen Kuppel der Kathedrale, die Thomaskirche und St. Paul, die einstige Garnisonskirche. Dahinter erstreckt sich das blaue Band der Vogesen. Aber im Vordergrund verläuft die Industriekulisse des Stahlwerkes und anderer Betriebe in den Rheinhäfen.
Zum 1000-jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung zum Straßburger Münster informiert diese Seite im Internet: http://www.1000cathedrale.strasbourg.eu/de/
Quellen und Literatur:
Auenheim – aus der Geschichte eines Dorfes am Oberrhein, Auenheim 1988
Von Ingomar Hartmann
Seit vielen Jahren hat der Heimatbund die Patenschaft über das Storchennest und die Auenheimer Störche. Er bezahlt das Futter, das vom Naturschutzbund mittlerweile nur noch in „Notzeiten" bereit gestellt wird und das die Familie Koger seit Jahren auf ihrem Grundstück in der Neudorfstraße an die Störche verfüttert. Für diesen Einsatz bedanken wir uns im Namen aller Storchenfreunde bei Familie Koger ganz herzlich. Weil sich Störche in den letzten Jahren stark vermehrt haben, hat das Regierungspräsidium verfügt, dass die Fütterung während der Brutzeit und auch im Winter ganz unterbleiben bzw. nur noch in Notzeiten erfolgen soll: „Die Tiere sollen sich ohne menschliches Zutun frei entwickeln ... Es reicht, wenn ein Storchenpaar zwei bis drei Jungstörche aufzieht." Im Nest auf dem Dach des alten Rathauses hat das Storchenpaar im Jahr 2014 vier Junge großgezogen, die alle überlebt und sich beringt im Herbst dem Vogelzug angeschlossen haben.
Zumindest ein Altstorch hat in Auenheim überwintert. Schon Anfang März 2015 konnte man beide Störche beim Ausbessern des Nestes für die neue Brutzeit beobachten. So hoffen wir wieder auf ein gutes Storchenjahr und gesunden Nachwuchs im Auenheimer Nest.
Vorbemerkung:
Lesen und Mithören! Dieser Bericht wurde im Auemer Dialekt geschrieben. Der Text steht auch als Tondokument zur Verfügung.
Also: Lesen und Mithören!
Von Kurt Honauer
Vor fufzich Johr het in Auene jedes Kend gewesst, wo die vier Auemer Berje sen.
De Luscheberj
Wer esch em Wender net mit em Schledde oder em Isretscher (Eisrutscher) de „Luscheberj“ rab gfahre? Alli Keng us em Neddereck han sich dert zue dem Vergnieje getroffe. Manchmol esch em Bitzer nawedran de Truwel zue ari wore, no het er e Ämer voll Kess oder Sand of die glatt Schneeabfahrt geworfe, un fer d’ Keng esch de Spass vorbei gsen.
In de erschte Johre noch em Kriej het’s die Isebahnstroß zwesche de Rhinstroß (sie heißt jetzt Badstroß) un ‘em „Luscheberj“ noch net gänn. Wann se en d’ Greene, an de Rhin oder of de Fußballplatz gewellt han, no sen d’ Neddereckler ewer Litwaijle (schmale Pfade) do ane gange.
De Häfelberj
Het mr von mett’l em Dorf an de Rhin gewellt, so het mer sich durch d’ Rhinstroß uf de Waij gemacht. Mr esch entweder am Fueßballplatz vorbei gange oder üwer die breider Stroß, wo hit ‘s Schwemmbad esch. So esch mr ewer de „Häfelberj“ ins Kenzi-Vorland un no an de Rhin komme. Do wo jetzt die Offahrt of die EdF-Stroß esch, het mr de Kinzidamm ewerquert. De „Häfelberj“ get’s hit nem. Net wit devon isch des Wasser, wo e „Häfel“ het wäre solle. Im „Heimatgruß“ von 2013 wurd of S. 99 drüwer bericht’. Es esch anzenemme, dass doher de Name „Häfelberj“ kommt.
De Stroßeberj
Wann mr vom Henger- oder Ewereck of Kehl oder ens „Fahl“ fahre het welle (en d’ Ewermatte, zuem Subock oder en d’ Nonnäcker), so het mer de „Stroßeberj“ nof gemien. Domols het’s in Auene kum e Bulldog gänn. Wann die Bure nur Kiehj (Kühe) oder nur än Ross g’het han, esch ’s fer die Viecher schon e Ansträngung gsen, e geladener Meschtwawe (Mistwagen) de Berj nuf ze ziehn. Hit esch de „Anstieg“ von de Bluemethalstroß uf die Kahler Stroß nem so steil, wil die Stroß besser usgebaut esch.
D’ Hochstroß
Die Stroß von Auene of Litze verlauft ungfähr 500 m noch Auene of em Hochwasserdamm. Des isch ken „Berj“ im Volksmund, sondern die „Hochstroß“. Nooch ungfähr 200 m biejt de Damm weder links ab und die Stroß het weder ‘s Niveau von de umliegende Äcker. Au die Isebahnschiene von de domolige MEG sen of dere Stroß verleijt gsen. Der Verfasser hofft nun, dass viele Auenheimer sich noch an die „Berje“ erinnern, und wenn die Enkel danach fragen, dass man denen die Erhebungen zeigen kann, die man in Auenheim „Berje“ nennt. Es sind eigentlich Hochwasserschutzdämme, die im Zuge der Rheinkorrektion durch Tulla im 19. Jahrhundert gebaut wurden.
Die Mitglieder des Heimatbundes sind bereit, der Bevölkerung von Auenheim Führungen durch das Dorf und die Gemarkung anzubieten.
Erinnerungen an das Bähnl
Von Ingomar Hartmann
Der Heimatbund und die Ortsverwaltung Auenheim hatten am 28. Januar 2013 zu einer letzten Besichtigung des Lok- schuppens an der Turnplatzstraße eingeladen. Dieser Schuppen war wohl im Hanauerland der letzte Unter- stand für Lokomotiven des Bähnls oder „Entenköpfers“. Er musste nun der Erweiterung eines Bürogebäudes weichen.
Kurt Honauer, Jahrgang 1937, hatte eine Informationstafel mit alten Fotografien rund um die MEG in Auenheim zusammengestellt und wusste dazu einige Geschichten zu erzählen:
„Ich bin 1947 mit meiner Oma mit ca. fünf Kilo Raps morgens zwischen fünf und sechs Uhr mit dem Dampfzug nach Lichtenau zur Ölmühle gefahren und danach mit einem Liter Rapsöl nach Auenheim zurück gekommen. Meine Oma durfte ich auch einmal zu dem Heilpraktiker Lacker nach Memprechtshofen begleiten. Das Wartezimmer war der Hof vor einem alten Fachwerkhaus. In der Wohnstube war die Praxis. Ein Blick in den mitgebrachten Urin - und der „Wunderheiler“ wusste die Diagnose zu stellen.
Im Winter musste der Dampfzug früh morgens mehrmals einen neuen Anlauf nehmen, um die leichte Steigung der Auffahrt zur Kinzigbrücke zu bewältigen. Auch gab es Unfälle, die im Zusammenhang mit der MEG Auenheimer betrafen. In den 1950er Jahren wurde ein junger Mann bei der „Gei- gerkreuzung“ von einem Triebwagen überfahren und tödlich verletzt. In der Nähe dieses Unfallortes geriet auch ein junger Motorradfahrer unter einen Triebwagen und wurde schwer verletzt. Auf der „Hochstroß“ zwischen Auenheim und Leutesheim touchierte eine junge Frau mit Fahrrad den Zug, der an dieser Stelle die Fahrbahn überquerte. Sie erlitt einen Schädelbruch. Alles Geschichten und Ereignisse, an die sich die älteren Auenheimer noch gut erinnern”, so Kurt Honauer.
Die Beschäftigung mit dem Schicksal des Lok-Schuppens veranlasst uns zu einem Blick in die Geschichte.
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 wurde das Elsass deutsch. Die Regierung des Großherzogtums Baden und die jetzt deutsche Straßenbahngesellschaft Straßburg planten entlang des Rheins eine Schienenbahn durch die badischen Dörfer über Schwarzach nach Bühl und Rastatt. Die Regierung hatte das Ziel, das untere Hanauerland und dessen Bevölkerung an die Großstadt Straßburg anzubinden.
Die neue Zugverbindung bedeutete für die Menschen eine große Erleichterung. Vorher mussten die vielen Handwerker, die beim Bau der Häuser und Villen im Wilhelminischen Viertel, in der Straßburger Neustadt, beschäftigt waren, bis zu zwei Stunden zu Fuß von ihren Heimat- dörfern im Hanauerland zur Arbeitsstelle nach Straßburg gehen, zehn Stunden arbeiten und dann wieder den zweistündigen Heimweg antreten. Auch die Bauersfrauen mussten nun ihre Waren - Eier, Butter, Käse, Gemüse, Speck - nicht mehr mühevoll zum Markt nach Straßburg tragen.
Hans Hess schreibt in der Auenheimer Chronik von 1988: Die Einweihung der Lokalbahn im Jahr 1891 war ein bedeutendes Ereignis. Großherzog Friedrich von Baden fuhr damals mit der neuen Bahn von Rastatt nach Kehl. Bei jeder Bahnstation wurde angehalten. Da standen die Dorfbewohner und die Obrigkeit. Da gab es feierliche Reden, umrahmt von Darbietungen der Männergesangvereine und Musikkapellen. Bis der Großherzog schließlich nach Auenheim kam, war es dunkel geworden. Hier war auch der Militärverein mit rotem Brusttuch und schwarzem Gehrock angetreten. Der Landesvater begrüßte den „Großhans“ (Johann Fuchs) mit Handschlag, denn der war ihm bekannt. Er war Flügelmann der 1. Kompanie bei den Grenadieren in Karlsruhe gewesen.
Nach dem 1. Weltkrieg, als Straßburg wieder französisch war, wurde die rechtsrheinische Strecke der Kleinbahn in die Verwaltung des Landes Baden übernommen und bekam den Namen MEG – Mittelbadische Eisenbahngesellschaft.
Die Interessengemeinschaft Historischer Schienenverkehr (IHS) mit Sitz in Gangelt, Nordrhein-Westfalen, deren Vertreter sich auf Einladung des Historischen Vereins Kehl noch schnell ein Bild vom MEG- Lokschuppen Auenheim machen wollten, schreibt in ihrer Zeitschrift „Die Selfkantbahn“:
Die erste Zwischenstation nach Kehl war der Ort Auenheim. Die Gleise
durchquerten das Dorf parallel zur Dorfstraße auf einem Damm, der
auch Teil des Hochwasserdamms gegen die Rhein- und Kinzigwasser
war. Die Ausstattung der Station entsprach dem allgemeinen Standard der
Strecke mit Güterschuppen und einem Agenturgebäude sowie zwei beid-
seitig angeschlossenen Nebengleisen. (Siehe Plan S. 89.)
Nichts weiter Besonderes - bis zum 23. November 1944. Da änderte
sich die Situation vollständig, denn nun wurde Auenheim plötzlich zum
Streckenendpunkt. Die Kinzigbrücke zwischen Auenheim und Kehl war noch von deutschen
Truppen gesprengt worden und Kehl war französisch besetzt. Zuvor war es
noch gelungen, fast alle Fahrzeuge nach Lahr und Schwarzach
abzufahren. Schließlich war die Stadt Kehl nach 1944 als
„Vorort“ nach Straßburg eingemeindet worden und gehörte nun zu
französischem Staatsgebiet.
Der Zugverkehr der MEG fand nun auf zwei getrennten Netzen statt, wobei das Nordnetz sein südliches Ende in einem Haltepunkt Kehl-Kinzigbrücke (vor selbiger) hatte, das Südnetz sein Nordende zunächst in Kehl-Sundheim. Beide Bahnhöfe waren für diesen Zweck eigentlich nicht ausgestattet, ferner war die eigentliche Bahnwerkstatt am Rheinufer in Kehl ohnehin durch Kriegseinwirkung zerstört.
Abhilfe für beide Missstände tat Not. Folglich entstanden in Sundheim wie Auenheim behelfsmäßige Lokschuppen. Von dem schon früh wieder verschwundenen Schuppen in Sundheim sind leider keine baulichen Details bekannt, aber jener in Auenheim hat lange überlebt und seinen Daseinszweck über viele Jahre erfüllt, denn erst 1953 war die Kinzigbrücke nach Kehl wieder hergestellt worden und das Bahnnetz wieder zusammengewachsen.
Laut Fahrplan endete bis 1953 der letzte Zug werktags zwar abends um 20.44 Uhr in Kehl-Kinzigbrücke, kehrte aber wohl von dort als Betriebsfahrt zur Nachtruhe wieder nach Auenheim zurück (stets in einer Richtung geschoben, da es keine Umsetzmöglichkeit gab). Von Auenheim aus startete er um 5.20 Uhr wieder in Richtung Schwarzach. Möglicherweise fuhren auf diesem Streckenstück aus diesem Grunde auch nur ein- zeln fahrende Triebwagen.
Am 15. Mai 1959 zerfiel mit der Stilllegung der Strecke Kehl-Bahnhof - Altenheim das Netz wieder in zwei Teile. Der Lokschuppen Auenheim behielt damit seine Aufgabe als Wendedepot für Züge, die dort übernachteten.
Der in Auenheim wohl zwischen 1945 und 1947 errichtete Lokschup- pen war von einfachster Aus- stattung und enthielt am hinteren Ende einen Übernachtungsraum für das Zugpersonal. Zwei kreisförmige Ausschnitte mittig in den Dachlatten deuten auf anfangs zwei Rauchabzüge für das Einstellen von Dampflokomotiven hin. Ihre Lage lässt die Annahme zu, dass zwei Maschinen des Grafenstadener Typs, zum Beispiel die Lok 46, hier ihre Heimat finden konnten. Die MEG-Loks standen stets mit dem Schornstein Richtung Straßburg, was auch mit der Lage der Rauchabzüge übereinstimmt.
Die Untersuchungsgrube im Gleis ging vermutlich ursprünglich über die gesamte Länge des Schuppens und wurde nach Ende der eisenbahn- seitigen Nutzung zur Hälfte mit Beton verfüllt. Sie war mit Ziegelsteinen ausgemauert.
Der Schuppen war in einfacher Fachwerkbauweise errichtet, die Seitenwände waren mit Betonsteinen ausgemauert. Im Aufenthaltsraum war Verputz nur gegenüber dem Holzfachwerk zu finden, das außen sichtbar blieb. Der vordere Teil der Fahrzeugabstellhalle besaß dagegen lediglich eine außen aufgesetzte Verlattung mit Blendleisten.
Die eingesetzten Seitenfenster in hölzernen Rahmen machten eher einen für Wohngebäude typischen Eindruck. Einzigartig dürfte der Einbau einer Toilette im Lok-schuppen innerhalb der Fahrzeughalle, rechts hinter dem Einfahrtstor, gewesen sein. Zuletzt war dies noch am Bodeneinlaufrohr und an den lichtgrau gestrichenen Wänden erkennbar.
Der Aufenthaltsraum war als quaderförmiger
Baukörper in den Lok- schuppen eingebaut und vom Fahrzeugraum
mit einer Fachwerkwand abgetrennt, in der sich mittig der Kamin des
Kohleofens befand. Zumindest von der Bauweise her könnte der Einbau
der Räumlichkeiten auch nachträglich erfolgt sein. Darüber befand
sich eine Flachdecke. Der Raum darüber konnte als Lagerfläche genutzt
werden.
Das schwere, hölzerne Einfahrtstor war solide konstruiert. Die äußeren oberen Ecken waren abgeschrägt und so dem Profil angepasst. Spekuliert wurde darüber, ob es sich bei diesem Gebäude eventuell um den früheren Lokschuppen aus Seelbach bei Lahr gehandelt haben könnte. Diese Spekulation trifft aber nach Aussage Auenheimer Zeitzeugen nicht zu. Sie berichten, dass der hiesige Lokschuppen bereits 1947 (siehe oben) errichtet, der Seelbacher aber erst 1952 abgerissen wurde.
Mit dem Abriss des alten Lokschuppens ist das letzte noch übrig gebliebene äußere Zeichen des ehemaligen Bahnhofs Auenheim unwiederbringlich verschwunden. Die Eisenbahnfreunde aus Gangelt wollten ihn eigentlich komplett abbauen und bei ihnen im Museum wieder aufbauen, was aber in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich war. So haben sie nur ein paar Erinnerungsstücke mitgenommen. Den Auenheimern bleiben somit die Erinnerung und die noch vorhandenen Bilder und Erzählungen vom Bähnl.
Der Bahnhofsplan und die Abbildung der Lok 46 entstammen dem Archiv von Herrn Oskar Zimmermann, Eisenbahnamtsrat i. R. Der „Heimat- gruß“ dankt Herrn Zimmermann, der sein ganzes Berufsleben bei der MEG verbrachte, herzlich für die Genehmigung zum Abdruck in dieser Broschüre.
Von Karl Britz
Der Begriff Jubiläum leitet sich aus dem alttestamentlichen „Jubeljahr“ („Yovel“ in Hebräisch) her. Am bedeutendsten sind Jubiläen zu den Erinnerungsjahren, die durch 100, 50 oder 25 ohne Rest teilbar sind. Wer also ein Jubiläum feiern will, braucht ein Ursprungsdatum, das nachweisbar ist, etwa eine Geburts-, Heirats- oder auch Sterbekunde oder bei Vereinen ein Gründungsprotokoll.
Die erste bekannte Urkunde, die den Ortsnamen „ouuanheim“ erwähnt, stammt aus dem Jahre 888, also aus der fränkischen Zeit. Damals gehörte unsere Region zum Herrschaftsbereich des ostfränkischen Königs Arnulf von Kärnten, der von 896 bis zu seinem Tod 899 auch römisch-deutscher Kaiser war.
Laut Urkunde hat Arnulf – aus Mildtätigkeit – eine Fläche von 8 Hufen in den Orten Ouuanheim und Baldanheim dem Presbyter Isanprecht, einem Mönch in führender Position, oder an dessen Kloster geschenkt. Man darf wohl ausschließen, dass die elsässischen Orte Auenheim bei Sesenheim und Baldenheim bei Schlettstadt gemeint waren, denn die Schenkung bezog sich auf den fränkischen Gau Mortenau, der als Vorläufer der Ortenau gilt. Baldanheims Lage ist aber hier ungeklärt …
Mit solchen Gaben sicherten sich die Könige einerseits die Gefolgschaft des niederen Adels, andererseits hofften sie auch, etwas für ihr Seelenheil zu tun.
In der Urkunde finden wir zwar die älteste schriftliche Nennung des Ortsnamens. Aber mit Sicherheit gab es den Ort „Ouuanheim“ schon vorher, denn die Schenkung umfasste neben Landbesitz eine Kirche, einen Herrenhof mit Bauernhäusern und Stallungen sowie verschiedene Nutzungsrechte.
Somit feiern wir 2013 nicht die Gründung Auenheims, sondern das 1125jährige Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung.
Das Original der Urkunde von 888 wird im Archiv des Départements Bas-Rhin in Straßburg aufbewahrt (cote G 2707/1).
Eine ausführliche Beschreibung verfasste 1988 Udo Kielmann für die damals herausgegebene Ortschronik von Auenheim.
Der lateinisch geschriebene Textausschnitt aus der Urkunde: „in locis ouuanheim et baldanheim“ (in den Orten Auenheim und Baldanheim).
Die Urkunde wurde in lateinischer Sprache in Speyer ausgefertigt und mit dem königlichen Siegel versehen.
Der schreibunkundige König versah sie lediglich mit dem Querstrich im A seines Buchstabenkreuzes.
Von Kurt Honauer
Ein Berufsfischer aus längst vergangener Zeit ist heute noch bei den Mitgliedern der Fischerzunft in aller Munde. Es war Georg Keck, „de Kecke-Scherschel“. Er war der Großvater des heute 92-jährigen „Keckescherschels Kathl“ und ist 1946 gestorben.
Und wer ist dieses „Kathl“? Die älteren Jahrgänge wissen es, für die jüngeren ist es Katharina Echle, Am Alten Friedhof 13. Sie weiß noch aus ihrer Jugendzeit: „Met Fescherkollege het miner Großvadder am Noumiehler Kenzigwehr Unmänge Lachs gfange. Am Balge em Schopf hammer se alli ofghängt, de ganze Schopf esch vollghängt.“…
Georg Keck hat es sogar geschafft, dass ein von ihm einst gepachtetes Fischwasser im Dorfjargon seinen Namen trägt. Das fließende Gewässer, das im südlichen Rheinwald vom Rheinseitenkanal kommt und im Dörneich dann weiter fließt bis Freistett, nennt man bis zur Holzbrücke „de Keckescherschl“. Heute ist es ein Laichgewässer der Auenheimer Fischerzunft.
Mit Georg Keck nicht verwandt war „de Kecke-Chreschtel“. Christian Keck, verstorben im Jahre 1967 im Alter von 77 Jahren, war der letzte Berufsfischer in Auenheim.
Sein Wissen über die Fischerei hatte er in jungen Jahren von seinem Vater erlernt. Die älteren Auenheimer haben ihn noch beim Fischen mit Zugnetz in der Kinzig und im „Häfel“ erlebt. Das „Häfel“ lag wie ein kleiner Yachthafen im Kinzigvorland etwa gegenüber dem Schrottplatz des heutigen Stahlwerks. Es hatte eine Fläche von etwa 40 mal 40 Metern und eine Tiefe von 2 Metern. Ein ungefähr 5 Meter breiter Wasserzulauf von der Kinzig war vorhanden.
War Hochwasser von der Kinzig angesagt, so beobach-tete der „Chreschtel“ stundenlang den steigenden Wasserspiegel am Einlauf. Sobald der Zufluss zum Stillstand kam, sperrte er den Einlauf mit einem Netz ab, denn die vielen Fische, die mit dem Hochwasser in das „Häfel geloffen“ waren, konnten jetzt mit dem Zugnetz gefangen werden.
Das „Us-Schtreife“, wie der Fischer in seiner Fischersprache sagt, war immer ein großes Ereignis. Wie es das Gemälde von Julius Gutekunst zeigt, waren mehrere starke Männer nötig, um das Zugnetz durch das „Häfel“ zu ziehen. Auch vorbei kommende Zuschauer durften helfen. Ungeübte, die nicht gleichzeitig an der „Oberähr“ und „Unterähr“ (Zugleinen am Netz) zogen, wurden mit lautstarken Kommandos zurechtgewiesen.
Danach mussten die gefangenen Fische versorgt werden. Dies geschah zu Hause in der Eisenbahnstraße 5. In einem großen Wasserbassin konnten die Fische bis zur Verwertung „gehältert“ werden. Ein Straßburger Hotel war ein zuverlässiger Abnehmer von küchenfertigen Edelfischen wie Aal, Hecht, Schleie, Zander usw. Viele Kilo „Bachfesch“ („kläni Roddle“, Backfische) wurden an die Auenheimer Wirtschaften verkauft.
Waren dann immer noch Fische im Bassin, so zogen „Chreschtls“ Ehefrau Karolina und Tochter Marie mit dem „Gummikarch“ (gummibereifter Handwagen) und einer Wanne voller Fische in Kork, Bodersweier und Linx durch die Straßen und verkauften sie. So praktizierte man das in den 1950er Jahren vor der Gefriertruhenzeit. Damals gab es also auch in den Nachbardörfern Frischfisch aus Auenheim.
Die ganze Familie war mit der Fischerei beschäftigt. Obwohl Ehefrau Karolina geb. Winter im Krieg durch Beschuss aus Frankreich einen Arm verloren hatte, konnte sie ihrem Mann beim Fischputzen helfen.
Tochter Marie Murr geb. Keck und Enkel Willi Murr haben nach dem Tod der Eltern bzw. Großeltern die Fischerei noch ein paar Jahre im Nebenerwerb weiter betrieben. Doch Willi Murr musste aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit aufgeben und ist 2012 im Alter von 75 Jahren verstorben.
Die Auenheimer Fischer verkauften einen großen Teil ihres Fangs in Straßburg. Dieses Bild zeigt die Anlandung der Fische am Fischmarkt in der Nähe des Rohan-Schlosses (Stahlstich von Arthur Willmore nach M. Birket Foster um 1850).
Im „Heimatgruß“ 2010 berichtete Walter
Fuchs ausführlich über die Buchneuerscheinung „Die Fischerzunft zu
Auenheim“ mit den geschichtlichen Aufzeichnungen von Karl Asbrand aus
dem Jahre 1852, herausgegeben von Hans R. Fluck. Dort lesen wir, dass
Pfarrer Förster in der Zeit von 1840 bis 1890, also 50 Jahre lang, nicht
nur Seelsorger war, sondern auch als Oberherr der Fischerzunft mit 70
Fischmeistern, 20 Gesellen und sechs Lehrlingen vorstand.