Jean-Claude Eglin und Musikverein Harmonie Auenheim trennen sich

06.11.2022

Nach 20 Jahren wirtlicher Zusammenarbeit in Harmonie und gegenseitigem Respekt endet nun die fruchtbare grenzüberschreitende Zusammenarbeit des Musikvereins „Harmonie“ Auenheim mit dem exzellenten Straßburger Profimusiker, Musiklehrer, Posaunist und Dirgenten.

Er ist nicht nur Dirigent, Motivator und Posaunist, der waschechte charismatische Elsässer Jean Claude Eglin. Der charmante Galan ist um die 60 und ein großartiger Entertainer mit einem Schuss Rampensau. Okay, letzteres hört er nicht so gerne, aber es isch halt nun mal so. Er hat es drauf, sowohl die knapp drei Dutzend Musiker auf der Bühne als auch das geneigte Publikum im Saal mit seinem Können, dem knitzen Lächeln und pfiffigen Sprüchen ruckzuck und aus dem Effeff um den Finger zu wickeln. Und das einen ganzen Abend lang.
Sowohl das Publikum in der bis auf den letzten Platz gefüllten Festhalle – darunter übrigens auch altgediente Musiker aus Litze und junge, interessierte aus allen Teilen der Erde, die am Straßburger Konservatorium den letzten musikalischen Schliff bekommen – als auch die Aktiven der Harmonie Auenheim lassen dies zu.

Abschieds-Tränen

Zurecht, denn den Esprit und die Lässigkeit, das Über-den-Dingen-stehen des Dirigenten ist berechtigt und tut dem „Adieu- und Danke-Konzert für 20 Jahre“ mehr als gut. Harmonische Harmonie ohne Abschieds-Tränen im Knopfloch. Adieu und Danke? Ja, es wabert wie der Novembernebel am Altrhein ein „Schade, dass- er-geht“ durch die Halle.

An der rechten Stirnseite der Halle ist die Bühne vorgewärmt, denn man hat Erfahrung: Die eigentliche Bühne sei nicht geeignet für derlei harmonisches Tongeflecht.

Beim Adieu- und Dankeschön-Konzert für Dirgent Jean-Claude Eglin sitzen auch Berufsmusiker zur Unterstützung des Harmonie-Klangkörpers auf der Bühne. ©Gerd Birsner
Beim Adieu- und Dankeschön-Konzert für Dirgent Jean-Claude Eglin sitzen auch Berufsmusiker zur Unterstützung des Harmonie-Klangkörpers auf der Bühne. ©Gerd Birsner

Eglin weiß genau, was er macht. Und wie er es macht. Und er macht es so, dass die Solisten im Orchester wie Katharina Bolz (Flöte), Annette Roos (Klarinette), Hans-Peter Manßhardt (Saxofon), Lorena Winters und Christoph Fahrer (Alt-Saxofon) sowie Udo Sutter und Dirk Schoch (Trompete), der übrigens auch launig durch das Programm führt, jenen Platz bekommen, den sie verdienen, und sie können zeigen, was sie drauf haben und dass sie alle ihr Instrument bestens beherrschen.

Dass Eglins Abgang in Auene als großer Käse empfunden wird, beweist der selbst gebackene (Käse-)Kuchen mit Inschrift an der vom Turnverein bewachten Kuchentheke am anderen Ende der Halle.

Nach der Pause bleiben im Orchester ein paar Stühle leer. Zwei Stücke lang Bigband-Besetzung, die Flötistinnen haben Pause. Eigens dafür hat der Eglin den gut abgehangenen Gigolo – ein passender Schlager aus dem Jahr 1928 – ein immer wieder vom Harmonie-Orchester gern gespielter Titel – ins Programm gehievt und ihm ein fettes Big-Band Kostüm angepasst, damit der alt gediente Harmonie-Musiker Hans-Peter Manßhardt am Saxophon einen abfetzen kann,

Ein Abschied zum Reinbeißen: Großer Käse, dass er geht… ©Gerd Birsner
Ein Abschied zum Reinbeißen: Großer Käse, dass er geht… ©Gerd Birsner

Voilà! Ein Solo, das sich gewaschen hat – wie übrigens alle Soli der Auenheimer Harmonisten. Es swingt, und das Publikum klatscht auf die Eins und auf die Drei. Wie es sich bei uns Teutonen gehört.
Das Programm des Adieu-und-Dankeschön-Konzerts ist ein perfekter Rückblick auf Eglins 20-jährige Dirigententätigkeit – und gleichzeitig ein fein auf die Qualität des leider schrumpfenden Harmonie-Klangkörpers abgestimmt.

Ein die große, weite Welt umspannendes Szenario voller Jigs and Reels, fetzigen Samba-Rhythmen und leidenschaftlichem Bossa Nova – „von Irland über Afrika und Lateinamerika inklusive Hubschrauberrundflug über das nächtliche São Paulo in Brasilien bis „zuruck uff Litze“, wie Ortsvorsteherin Sanja Tömmes vor der Übergabe des Auenheimer Laurentius an den scheidenden Dirigenten erkannt hatte.

Und das alles, der – mithilfe etlicher Eglin‘scher Kollegen eine wohltuend gelungene Symbiose aus guten Amateurmusikern und Profis .
Und sie spuren auf der Bühne, die Herren am Instrumentarium – dem Anlass entsprechend im weißen Hemd und schwarzer Fliege, die Musikerinnen im kleinen Schwarzen. Und immer, wenn der Eglin das Genick einzieht, geht die Post ab. Er hat halt alle(s) im Griff.

Leichtes Ohrensausen

Schließlich ist er ja auch –genau wie Gunnar Sommer, der wie immer unaufgeregt am Mischpult für guten Hallenklang sorgt – ein Perfektionist: Als beim „Lord of the Dance“, dem Opener des Konzertes, die Stimmung der Instrumenten nicht nur dem Eglin leichtes Ohrensausen bereitet, wird der Konzertfluss mutig unterbrochen und erst mal registerweise gestimmt. Gut so. Das hebt gleich die Stimmung des Dirigenten und die des Orchesters.

Zum Abschied kriegt der Profi-Posaunist Eglin eine 122 Jahre alte, von Meisterhand gefertigte Posaune. Noch spielbar, wie Armin Honauer weiß.
Und dass sich dann die Auenheimer Harmonie bei der Comedian-Harmonie bedient und dann „Ein guter Freund“ intoniert, ist beileibe kein Zufall. Und dass hier 20 Jahre Brücken geschlagen wurden, haben die Programm-Macher auch gewürdigt: Das letzte Stück vor den Zugaben ist ein Santana-Medley mit „Europa“.

AUS: bo.de
VON: Gerd Birsner

 
 

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